„Infiziert vom Neuen – Veränderungen positiv entwickeln!“

Akademietag 2021 - Aufdecken, was wir in der Pandemie gelernt haben und noch lernen können!

Am 16. Januar 2021 fand der Online-Akademietag der Pallottiner in Vallendar unter dem Motto: „Infiziert vom Neuen – Veränderungen positiv entwickeln!“ statt. „Diese Zeiten laden zum Nachdenken ein: Gemeinsam werden wir aus verschiedenen Perspektiven auf das schauen, was während der Corona-Pandemie gelernt wurde und wie Neues entstanden ist, was über die Krisenzeit hinausführt“, erläuterte Prof. Dr. Paul Rheinbay SAC, Leiter des Instituts für Wissenschaftliche Weiterbildung (IWW) an der PTHV, den Fokus des Akademietages.

Gäste von Prof. Rheinbay SAC und Daniel Steiger, Leiter der Katholischen Erwachsenenbildungsstätte Koblenz (KEB Koblenz), waren Prof. Dr. Franziskus von Heereman, Stiftungslehrstuhl Philosophie sozial-caritativen Handelns an der PTHV und Malteser-Mitglied sowie P. Markus Hau SAC, Missions-Sekretär der Pallottiner. Prof. von Heereman betreut seit vielen Jahren ein Projekt für behinderte Jugendliche im Libanon, wofür er 2020 das Bundesverdienstkreuz erhalten hat; Markus Hau SAC verantwortet die Zusammenarbeit der Pallottiner mit Projektpartnern in aller Welt, er sammelte in den letzten Monaten viel Erfahrung mit den Auswirkungen der Pandemie in Afrika und Asien.

Distanzierung als Akt der Solidarität?

In seinem Impuls zeigte Prof. von Heereman Gefahren und Chancen der Epidemie aus philosophisch-ethischer Sicht auf. „Es ist eine menschliche Versuchung Prognosen zu erstellen, worauf diese Pandemie hinausläuft“, stellte von Heereman fest. Er warnte vor voreiligen Deutungen, diese seien vielmehr erst im Rückblick möglich. „Das zeigen die Fakten. Es handelt sich hier um ein unübersichtlich-komplexes Phänomen der Natur und der Kultur. Zudem kommt ein Phänomen der Freiheit hinzu und Freiheit kann man nicht vorhersagen.“ Er riet dazu abzuwarten und stattdessen über die Gefahren und die Chancen dieser Krise nachzudenken. „Die besondere Form der Solidarität als Distanzierung, die uns abverlangt wird, kann unser Miteinander erodieren lassen.“ Diese Einschränkungen des Miteinanders seien nicht die Art und Weise, die für gewöhnlich menschlicher Hilfe entsprechen und die dauerhaft unsere Zusammengehörigkeit wachsen ließen. Doch aus der Krise ergeben sich auch Chancen, die sich nutzen ließen: 1. Das Gemeinwesen wieder mehr zu schätzen und 2. Das bewusste Leben mit dem Wissen der Sterblichkeit und Verwundbarkeit. Sein Fazit: „Corona hat unser Menschsein vertieft.“

Kirche im Paralleluniversum?

Daniel Steiger blickte kritisch auf die Rolle der Kirche seit Beginn der Corona-Pandemie und versuchte eine Antwort auf die Frage zu geben: „Ist Corona der Beschleuniger einer Entwicklung hin zu einer kleineren und persönlicheren christlichen Gemeinschaft?“ Er ließ dabei keinen Zweifel an berechtigter Kritik an der Kirche, zumal vor dem Hintergrund vergangener Skandale und offener Fragen, zeigte jedoch auch auf, wo und inwieweit insbesondere im Bereich caritativer Einrichtungen kreative und Mut machende Veranstaltungen für die Gesellschaft umgesetzt wurden, etwa in Form von Online-Benefizkonzerten oder Angeboten junger Seelsorger. „Bei all den positiven Beispielen geht es um die Hinwendung zum Menschen und zu dessen Lebenswelten.“ Während der Corona-Krise sei deutlich geworden, dass Kirche und säkulare Welt Gefahr laufen, noch weiter auseinanderzuklaffen als bisher. Kirche finde oftmals in einer Blase, einem Paralleluniversum, statt. „Der Paradigmenwechsel muss im Kleinen geschehen, in kleinen Gruppen und in leiser Unaufgeregtheit.“

Von Afrika lernen!

Pater Markus Hau SAC ließ den Blick auf die Weltkirche und den Spannungsbogen von Not und Solidarität schweifen. Anhand der Länder, in denen die Pallottiner Projekte betreuen, zeigte er auf, wie sehr Corona bestehende Probleme der jeweiligen Länder noch weiter als Katalysator befeuere. „Weltweit sprechen wir über das Gleiche – Corona, ein Thema, das die Welt verbindet und doch alle Länder anders bzw. das Schlaglicht insbesondere auf die Armen wirft.“ So werde beispielsweise in Nigeria/Afrika die Destabilisierung des Landes massiver spürbar durch die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie, politische Unruhen und eine höchst fragile Sicherheitslage. Weitere Beispiele aus Indien, Südafrika und Malawi bestätigten seine Ausführungen, zeigten aber auch auf, dass dort, wo die Not am größten sei, die Menschen besonders solidarisch handeln. Sein Fazit: „Wir können viel von afrikanischen Ländern lernen, im Hinblick auf Mitmenschlichkeit. Corona lässt uns einladen über den Tellerrand zu schauen und nicht weg, sondern hinzusehen.“

Innehalten als Chance

Prof. Rheinbay SAC, der ein Meditationsprogramm im Bistum Essen leitet, zeigte in seinem Impuls auf, was durch die aktuelle Situation offenbar werde – im menschlichen Miteinander sowie im Verhältnis des Einzelnen zu sich selbst. „Das Virus trifft genau die Lebensader der Menschen, es legt die Geschäftigkeit lahm.“ Manche Aspekte des jetzt erzwungenen Lebens mit mehr Innehalten und Pausen seien weiterführend auch für die Zeit nach Corona: etwa das Empfinden von Einsamkeit als Möglichkeit des Eins-Seins mit sich selbst. Der in Stille und Meditation wahrgenommene Atem sei die Brücke zu einer Erfahrung, die jedem einzelnen zugedacht sei: Das Leben als kostbares Geschenk, als leuchtender Edelstein. „Dieses Leuchten in mir ist keine fromme Idee oder kein durch Leistung zu erreichendes Ideal, sondern eine mitten im Leben, in den Dingen des Alltags gegenwärtige Erfahrung.“ Die Ahnung davon sei in vielen Menschen lebendig und werde in Zeiten von Not bewusst, die Sehnsucht danach melde sich und wolle beachtet werden. „Sie macht den Menschen zum Sucher nach sich selbst; und als Glaubender kann ich sagen: in dem Vertrauen, dass Gott mir schon entgegenkommt. Dabei geht es nicht nur um das kleine individuelle Glück, sondern vielmehr um ein unerschöpfliches Potenzial zum Handeln, das nicht egozentrierten Interessen, sondern allen dient.“

In der sich anschließenden Podiumsdiskussion kamen Fragen auf nach einer möglichen theologischen Deutung der Pandemie, der Frage der Systemrelevanz der Kirche während der Pandemie sowie nach möglichen Zukunftsprognosen.

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Bericht: Verena Breitbach
Foto: Pater Markus Hau

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