Wiedersehen mit Flughafenpfarrer Pater Walter Maader

„Ich war bei den Leuten und nicht in meinem Zimmer“

Pater Walter Maader hatte in über drei Jahrzehnten als Flughafenpfarrer in Frankfurt so viele interessante Begegnungen, dass er sie in einem Buch auf 190 Seiten festgehalten hat. Darin berichtet er von „Höhenflügen und Bruchlandungen“. Im übertragenen Sinne, versteht sich. Im Juli wird der Pallottiner 95 Jahre alt und endlich war er wieder nach Limburg zurückgekehrt. Weit mehr als hundert Besucher/innen hatten sich im Richard-Henkes-Saal zur Autorenlesung eingefunden, doch sein vor ihm liegendes Buch blieb unberührt. Der Senior plauderte druckreif. Die Zuhörerschaft hing an seinen Lippen.

Rektor Alexander Holzbach begrüßt den „Altkaplan“, der vor seiner Lebensaufgabe in Frankfurt sieben Jahre in der Limburger Pfarrei St. Marien den Gläubigen vertraut war. „Er hat uns vor 53 Jahren getraut“, sagt ein Besucher. „Er hat unsere Tochter getauft“, verrät eine Mutter. Ohne Kaplan Maader hätte es zum Beispiel den Kellerclub St. Marien nicht gegeben, damals ein Novum, in dem die aufbegehrende Jugend der sechziger Jahre einen Treffpunkt fand.

„1964 kam ich nach Limburg und bekam an einem Freitag von meinem Vorgänger die Autoschlüssel in die Hand gedrückt, hatte aber keinen Führerschein“, blickt der Senior zurück. „Ich habe mich dann am Montag in der Fahrschule Hahnefeld angemeldet und nach sechs Stunden hatte ich ihn dann.“ Hörbare Verwunderung im Publikum.
Anfang der Siebziger befanden der damalige Bischof Wilhelm Kempf und der Provinzial Pater Ludwig Münz, dass dieser Priester sich für einen Höhenflug eignen könnte. „Ich sollte Flughafenpfarrer werden und war noch nie da. Ich wusste gar nicht, was ich da tun soll.“ Der Bischof meinte: „Wenn‘s nichts wird, gehen wir wieder heim.“

„Auch Gott kommt an“

Im Zwiegespräch entlockt Holzbach dem Autor, dass dieser die ersten Flugzeuge in seiner Kindheit erlebte: Bomber, die seine Heimatstadt Würzburg in Schutt und Asche legten. „1972 war Frankfurt schon ein Weltflughafen. Die Deutschen waren die ersten, die nun dort einen Seelsorger hatten“, berichtet Maader und von seinem ersten Flyer mit der Aufschrift „Auch Gott kommt an“. Hilflos wie er sich damals unter täglich über 30.000 Reisenden aus aller Welt (heute das Fünffache) und damals 35.000 Beschäftigen (heute doppelt so viele) vorkam, „fing ich zuerst bei denen an, die am Boden arbeiten“. Im Laufe der Jahre wuchs seine Bekanntheit, weil er weltoffen und den Menschen auf Augenhöhe begegnete – egal ob es Promis, Schichtarbeiter oder ratlose Fluggäste waren. Und täglich gab es Eucharistiefeiern. Sein Leitspruch war: „Gott hilft dazu, wenn ich das meine tu.“

„Wir wurden interkulturell. Aus kleinsten Räumen heraus gibt es heute mehr als ein Dutzend Kapellen und Gebetsräume vieler Religionen und ein Raum der Stille für Atheisten. Dazu den von Mitarbeitern ‘Café Maader‘ genannten Treffpunkt. Es ist ein herzliches Miteinander. Der Frankfurter Flughafen ist immer seiner Zeit voraus“, stellt der Pater fest, der gestrandeten Reisenden ebenso helfen konnte wie Beschäftigten, die mit ihren beruflichen oder familiären Problemen zu ihm kamen. Er stand Trauernden nach Unglücken oder Anschlägen zur Seite. Ohne einen Stab von 25 Ehrenamtlichen hätte er das damals alleine mit einer Sekretärin nicht geschafft, sagt er.

„Wir sind zu ernst geworden“

Freilich kommen originelle und lustige Geschichten nicht zu kurz Maader meint: „Wir sind zu ernst geworden.“ Er erzählt von dem Telefonbüchlein der weltgereisten Mutter Teresa und wie sie in seiner Anwesenheit mit dem amerikanischen Präsident telefonierte, der daraufhin Hilfsgüter in den Sudan schickte. Er traf außergewöhnliche Persönlichkeiten wie Kardinal Wojtyla (Johannes Paul II.) und Kardinäle. „Sie sind am Flughafen genauso fremd wie jeder andere“, sagt Walter Maader, der als Pionier die Flughafenseelsorge nach und nach bundesweit aufbaute. Er selbst ist um die Welt geflogen und wurde 1975 zum Generalsekretär der Internationalen Flughafenseelsorger gewählt. 20 Jahre hatte er diese Aufgabe inne und weiß, wovon er spricht, wenn er sagt: „Flughafenpfarrer sind seltsame Vögel.“

„Ich war bei den Leuten und nicht in meinem Zimmer.“ Auf sie eingehen, flexibel sein und nicht warten bis sie von alleine kommen, das war das bewährte Rezept des dienstältesten Flughafenseelsorgers. Das beherzigt der Jünger Pallottis auch im Alter noch, indem er sagt: „Gott hilft dazu, wenn ich das Meine tu‘.“ Der Schlüssel zum Glück sei die Dankbarkeit. Das habe er am Flughafen gelernt. „Das Buch habe ich gar nicht schreiben wollen. Dazu hatte mich ein Verleger nach einem Vortrag animiert. Aber jetzt bin ich froh“, räumt der Autor ein, der darauf bestand: „Meine Druckerlaubnis gebe ich nur, wenn ich nichts dafür bekomme.“

Pater Walter Mader erzählt

Zur Person

Nach seiner Schulzeit absolvierte Walter Maader zunächst eine Lehre als Industriekaufmann und arbeitete anschließend im erlernten Beruf. 1952 trat er in die Kommunität der Pallottiner in Limburg ein. Er besuchte dort das Bischof-Vieter-Kolleg für Spätberufene und legte auf dem städtischen Gymnasium das Abitur ab. Danach studierte er an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Vallendar Theologie und Philosophie und wurde dort am 19. Juli 1964 zum Priester geweiht. Nach der Kaplanzeit in der Limburger Pfarrei St. Marien wechselte er 1972 an den Frankfurter Flughafen und wirkte dort bis zu seinem 75. Geburtstag 2003 als Seelsorger. Darüber hinaus engagierte er sich von 1975 bis 1995 als Generalsekretär im „International Association of Civil Aviation Chaplains“ (Internationaler Verband der Seelsorger in der zivilen Luftfahrt) und ist heute Ehrenmitglied. Seinen Ruhestand verbringt Maader in Vallendar.

Pater Maader beim Signieren

Bericht & Fotos: Dieter Fluck

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