Bilder, die unter die Haut gehen

Eine Ausstellung mit Bildern der Graphic Documentary über das Leben und Sterben des Pallottinerpaters Richard Henkes

Bilder haben eine eigene Sprache, und sie erreichen direkt das Herz. Diese Erfahrung machten die Besucher der Henkes-Ausstellung im Augsburger Haus St. Ulrich, die mit einer Vernissage am 26. September eröffnet wurde. Zu sehen sind Bilder aus der preisgekrönten Graphic Documentary über den seligen Pallottinerpater Richard Henkes, die pünktlich zu seiner Seligsprechung vor fünf Jahren erschienen ist. Die Ausstellung kam nach Stationen in Rom, Prag, Brünn und Frankfurt nun nach Augsburg, nahe der Pallottiner-Zentrale in Friedberg.

Die Szenen lassen dem Betrachter kalte Schauer über den Rücken jagen: Sie zeigen nackte KZ-Häftlinge unter der Desinfektions-Dusche oder ihre demütigende Ankunft, bei der die Wachsoldaten ihnen Worte entgegenschleudern wie „Abschaum“, „Sauhund“ und „Aus dem Lager geht es nur durch den Schornstein“. Wie Illustrator Professor Volker Schlecht bei der Führung durch die Ausstellung erläuterte, sind alle diese Aussprüche historisch dokumentiert. Und Kurator Martin W. Ramb ergänzte, dass die Zeichnungen die Abgestumpftheit der Soldaten eindrücklich zeigen.

Über 80 Besucherinnen und Besucher waren zur Vernissage ins Haus St. Ulrich gekommen, um Einblicke in die Bilder und in die Arbeit der Macher dieser Graphic Documentary zu erhalten. Frederic-Joachim Kaminski, der Leiter des Akademischen Forums in Augsburg, der die Veranstaltung zusammen mit dem Schulreferat der Diözese Augsburg und der Ackermann-Gemeinde organisiert hat, konnte dazu ein illustres Podium begrüßen: Professor Volker Schlecht, der mit Professorin Alexandra Kardinar die Graphic Documentary „Und wenn die Wahrheit mich vernichtet“ entwickelt hat, Kurator Martin W. Ramb, Leiter der Religionspädagogik- und Medienabteilung im Bistum Limburg, und Pallottinerpater Hubert Lenz, der die Zugänge zur Person Henkes hergestellt hat. Das preisgekrönte Solotheaterstück „Abgerungen“ sprach die Zuschauer zusätzlich über die Lebenshaltung von Pater Richard Henkes an: „Was würde ich tun, wenn…“.

Es sind Sätze von Henkes wie „Einer muss doch die Wahrheit sagen und so handeln wie ich es selbst gelehrt habe“, die Akademie-Leiter Frederic Kaminski beeindruckt haben. Henkes habe Reden und Handeln zusammengebracht, sagte er in seiner Begrüßung. Er habe im KZ das Vertrauen nicht verloren, dass sein Erlöser mit ihm gehe. Und so sei er auch ein Vorbild als Pilger der Hoffnung – wie das Motto des Heiligen Jahres 2025 lautet.

In seinem schriftlichen Grußwort betonte der Bischof von Ostrau-Troppau in Tschechien, Martin David, dass Henkes durch seine Sorge um tschechische Gefangene im KZ die Versöhnungsarbeit vorweggenommen habe. Und der Augsburger Bischof Bertram Meier betonte in einer Videoansprache, dass das Blut der Märtyrer der Same des Christentums sei.

Feierlicher Ernst

Was ist das Herausragende an dieser Graphic Novel? Kurator Martin Ramb fand, dass die Bilder dem Leser unter die Haut gehen. Und gleichzeitig seien sie exakt historisch recherchiert. Das mache die Novel so emotional. Volker Schlecht, der Professor für Gestalten und Zeichen an der Hochschule Anhalt in Dessau ist, hat für dieses Thema richtig Feuer gefangen und verlieh den Szenen einen feierlichen Ernst. Er betonte, dass der Funke für dieses Feuer von Pallottinerpater Hubert Lenz übergesprungen sei, der ihn in das Leben von Henkes eingeführt hatte.

Nach dessen Einführung habe er die Struktur des Heftes schon im Kopf gehabt, und auch die Idee, die Geschichte in eine Rahmenhandlung zu packen, in der sich in den 60er-Jahren ein ehemaliger Sanitätssoldat mit seiner Frau über die Auschwitz-Prozesse unterhält und so auf das KZ Dachau zu sprechen kommt. Auf diese Weise werden die dokumentarischen Szenen in fiktive Handlungen eingebettet, die den Zugang erleichtern sollen.

Volker Schlecht hat dazu auch viel gelesen, zum Beispiel die erhaltenen Briefe Henkes. Gerade die Stellen, die seine Zweifel deutlich machten, hätten ihn „sehr berührt“, erzählte Volker Schlecht. Und Martin Ramb ergänzte dazu, dass Henkes auch als Brückenbauer zwischen Deutschen und Tschechen gelte und daher die Novel ins Tschechische übersetzt wurde und die Ausstellung auch schon in Pag zu sehen war.

Leidenschaft und Haltung

Pater Hubert Lenz, der mit seinem Projekt „Haltung heute“ das Theaterstück „Abgerungen“ mitsamt einer Ausstellung zu den Menschen bringt, stellte in seinem Impuls fest, dass Henkes ein Mann mit Leidenschaft und Haltung sowie von großer Emotionalität war. Und dass seine beeindruckende Haltung im Laufe seines Lebens gewachsen sei, zeige ein Ausspruch Henkes‘ als Schüler: „Wahr bin ich und wahr will ich sein und wenn die Wahrheit mich vernichtet.“

So eine Wahrheit müsse größer sein als man selbst, überlegte Pater Lenz. „Und es kann ein Kämpfen sein, das bis aufs Blut geht.“ Gelingen könne so ein Ringen nur, wenn eine gewisse Trotzmacht vorhanden sei, wie es Thomas Mann formuliert hat: „Alles Große steht als ein Trotzdem da.“ Und Henkes habe entsprechend zugepackt und sei an seinen Gedanken gewachsen.

So sei Henkes fasziniert gewesen von der Wahrheit, und er sei fasziniert gewesen von der Größe des Menschen, so Pater Lenz. Gleichzeitig habe er aber auch die Fragilität gespürt. Und so sei er bereit gewesen alle Menschen zu begleiten, ob Tschechen, Deutsche, Gesunde oder Kranke und Menschen mit Behinderung. Und all dies geschah unter dem Vorzeichen der Freiheit. Denn „er hätte alles nicht tun müssen“, sagte eine Zeitzeugin einmal, „er hat es freiwillig gemacht.“ All diese Erkenntnisse fasste der Schauspieler Bruno Lehan anschließend in seinem Ein-Mann-Stück in Worte, die im Publikum großen Eindruck hinterließen.

Die Liebe, das Sakrament der Armen

Am Ende des Abends schlug Frederic Kaminski den Bogen zu dem, was Papst Franziskus bei seinem Besuch in Osttimor gesagt hat: Der Papst sprach dort von der Geschwisterlichkeit als Widerstand gegen die Grausamkeit der Welt. Sich um andere zu sorgen und zu kümmern, also die Liebe, das sei das Sakrament der Armen, so Kaminski. „Denn dem Helfer begegnet Christus selbst.“ Dies sei das Programm von Henkes und von jedem Christen.

Bericht & Bilder: Alexander Schweda
Bilder der Ausstellung: DRUSHBA PANKOW

Ausstellung „Sieh den Menschen an! Die Leidenschaft Mensch zu sein“

Ausstellung noch bis 25. November 2024 im Haus Sankt Ulrich
Die Ausstellung „Sieh den Menschen an! Die Leidenschaft Mensch zu sein“ ist noch bis 25. November 2024 im Haus Stankt Ulrich in Augsburg zu sehen. Der Eintritt ist frei.

Hinweis für Schulen:
Die Abteilung Schule und Religionsunterricht des Bistums Augsburg hat, anlässlich der Ausstellung im Haus Sankt Ulrich, eine umfassende Materialsammlung zusammengestellt, die Lehrerinnen und Lehrern aber auch Schülerinnen und Schülern alle wichtigen Informationsquellen für den Unterricht zur Verfügung stellt. Vielleicht wollen Sie ja die Gelegenheit nutzen und gemeinsam mit der ganzen Klasse die Ausstellung besuchen. Es gibt auch einen digitalen Guide, der durch die Ausstellung führt.

„Alles Große steht als ein Trotzdem da.“

Vortrag von Prof. P. Hubert Lenz SAC
Der Impuls von Pater Hubert Lenz wurde aufgezeichnet und ist in der Mediathek abrufbar.

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