Im Alltag Gott erfahren

Seelsorge-Fortbildung ganz dem Markus-Evangelium gewidmet

Das kommt auch in einem Priesterleben eher selten vor: nämlich, dass einem das ganze Markusevangelium an einem Stück vorgelesen wird. 90 Minuten, also eine „Tatort-Länge“ hat es gedauert, wie die Professorin für Exegese und Biblische Theologie an der Universität Passau, Dr. Sandra Huebenthal es beschreibt. So geschehen bei der Fortbildung für Seelsorger der Pallottiner im Pastoraltheologischen Institut (PthI).

Die Fortbildung für Seelsorger unter dem Titel „Verstehst du auch, was Du da liest“ stellte das Wort Gottes in den Mittelpunkt, das den Menschen verkündet werden soll. Dabei stellt sich die Frage, wie wir mit dem Wort in Berührung kommen können und in Resonanz gehen können, um es für die Verkündigung in den Alltag zu übertragen. 13 Teilnehmer machten sich auf den Weg, um so anhand des Markus-Evangeliums Impulse für die eigene Seelsorge-Arbeit zu gewinnen.

Nach der Vorlese-Einheit sammelten sie erstmal Eindrücke: Was fällt einem auf, wenn man den Text am Stück hört? „Es gibt da ja einen Bogen in diesem Text, sowie bestimmte Motive und eine Botschaft“, erklärt Kursleiterin Sandra Huebenthal. „Würde man die Lektüre beispielsweise mit der Flucht der Frauen vom Grab in Mk 16,8 aufhören, dann entstünde der Eindruck: So darf es doch nicht enden“, ist sich die Professorin sicher.

Die Struktur des Textes will daher Menschen bewegen, die Botschaft weiterzutragen. „Der Anfang des Evangeliums braucht eine Fortsetzung“, sagt Kursleiterin Sandra Huebenthal. Und sie betont: Markus verweise auf die Begegnung mit dem Auferstandenen im Alltag. Daher gebe es auch keine Himmelfahrt.

Biblische Grundlage für Seelsorge

Dass Professorin Huebenthal diesen Text für die Fortbildung ausgesucht hat, liegt nicht nur daran, dass sie 2010 bis 2013 an einem Forschungsprojekt zum Markusevangelium beteiligt war, sondern auch, weil sie findet, dass bei Markus alles angelegt ist, was die anderen Evangelisten ausformen. Und diese biblische Grundlage sei wichtig, um Seelsorge betreiben zu können. Wie bei Markus gehe es darum, im Alltag religiöse Erfahrungen zu machen. Und diese Erfahrung laute: „Gott ist da“.

So erfahre die Frau, die Jesus am Gewand fasst, die göttliche Kraft, der Blinde erlebe, dass ihn die Berührung Jesu sehend macht, und die Schwiegermutter des Petrus, dass Jesus sie an der Hand nimmt und heilt. Gleichzeitig werde aber auch das Scheitern als menschliche Erfahrung dargestellt, sagt Professorin Huebenthal. „Die Jünger sind 1a-Scheiternde.“ Aber weder beim Scheitern noch bei der Krankheit bleibt Jesus stehen. Er bringe vielmehr schnell den Wendepunkt und helfe, die Richtung zu ändern.

Seelsorge-Fortbildung ganz dem Markus-Evangelium gewidmet

Reich beschenkt nach Hause gehen

Dass das Evangelium an einem Stück vorgelesen wurde, hat bei den Teilnehmern jedenfalls für Eindruck gesorgt. Mühsam sei es gewesen, aber sehr interessant, fand Pater Eugen Stephan. Und Pater Bernhard Weis war fasziniert von der ganzheitlichen Sicht auf den Text. Ihm wurde dabei auch bewusst, wie wichtig es ist, die Evangelien im Gottesdienst gut vorzutragen, mit Atempausen und Tempowechsel. Pater Herman Weißinger fand es gut, sich die Details eines Textes anzuhören und die Hintergründe kennenzulernen. So könne man sich in der Seelsorge klarer ausdrücken und manches besser erklären, fand er. Und Pater Alexander Holzbach lobte: „Ich habe viel Neues erfahren und andere Aspekte kennengelernt.“

So eine Gruppenarbeit jedenfalls mit Patres und Brüdern einer Ordensgemeinschaft ist für die Professorin selbst eine Bereicherung. Denn im Vergleich zu ihren Studierenden an der Universität bringen die Teilnehmer schon reichlich Erfahrung mit. Das führe zu interessanten Gesprächen über den Glauben. „Und ich gehe dann meist selbst reich beschenkt nach Hause“, erzählt sie.

Bericht und Foto: Alexander Schweda
Bild (Evangelist Markus): maxsyd adobe stock

Zur Person:
Sandra Huebenthal studierte von 1994 bis 1999 Philosophie und Theologie an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Sankt Georgen (PTH Sankt Georgen) in Frankfurt am Main. Von 1997 bis 2000 studierte sie Judaistik an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main. An der PTH Sankt Georgen absolvierte sie von 1999 bis 2005 ein Doktoratsstudium in Neutestamentlicher Exegese. Von 2006 bis 2008 war sie Religionslehrerin an der Ludwig-Erhard-Schule in Frankfurt-Unterliederbach. 2007 übernahm sie einen Lehr- und Forschungsauftrag für Biblische Theologie an der RWTH Aachen. 2010 bis 2013 folgte eine Forschungsprojekt der DFG zum Markusevangelium. 2013 habilitierte sie sich und erhielt die Venia Legendi für das Fach Neues Testament. 2015 erhielt sie einen Ruf auf die Professur für Exegese und Biblische Theologie an der Universität Passau.

Das ganze Markusevangelium an einem Stück

Markusevangelium

Das Evangelium nach Markus
in „Tatortlänge“ zum selbst lesen.
Bibel in der Einheitsübersetzung
Link zur Universität Innsbruck

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