Benedikt - Schutzpatron Europas

Gottesbegegnung und Nächstenliebe

Es gibt tatsächlich Experten, die Benedikts Existenz bezweifeln; seine berühmte Mönchsregel habe ein anderer geschrieben. Papst Gregor der Große (+604) stehe dahinter, der den Mönchsvater durch seine „Vita“ zum Leben erweckt habe. Auch wenn an dieser Stelle eine Beweisführung in unserem heutigen Verständnis nicht möglich ist: Dieser Benedikt hat tiefe Spuren hinterlassen in der Kirche und nicht zuletzt in Europa und darüber hinaus.

Für Papst Paul VI. stand es im Oktober 1964 außer Frage:

Benedikt von Nursia ist ein „Botschafter des Friedens, Bringer der Einheit, Lehrmeister der Kultur, Herold des Christentums und Gründer des monastischen Lebens im Abendland“.

Mutterabtei Montecassino aufgebaut
Als Paul VI. die im Zweiten Weltkrieg zerstörte benediktinische Mutterabtei Montecassino wieder einweihte, erklärte er Benedikt zum „Schutzpatron Europas“. Mit alldem würdigte der Papst, was unser Kontinent und eigentlich die ganze Christenheit diesem um 480 in der mittelitalienischen Stadt Nursia geborenen Gottsucher zu verdanken hat, und was sein Vermächtnis für uns Heutige ist.

Völkerwanderung verunsicherte Rom
Doch der Reihe nach. Den jungen Benedikt finden wir als Studenten in Rom; er bereitet sich auf eine Karriere im Staatsdienst vor – inmitten einer Zeit gravierender Umbrüche. Die Antike geht zu Ende, die „Völkerwanderung“ verändert den Kontinent, der einstige Glanz Roms ist längst einer tiefgreifenden Verunsicherung gewichen, die Staat und Gesellschaft erfasst hat.

Weg in die Einsamkeit
Die Zustände in Rom bekommen Benedikt nicht. Tief in ihm ruft es nach etwas Anderem. Mit einigen Begleitern zieht er sich in die Einsamkeit zurück, um Gottes Wort und die Kirchenväter zu studieren; in der Nähe von Subiaco verbringt er eine karge Zeit als Einsiedler, die zur Prüfung seines Lebens wird. Man wird auf ihn aufmerksam, bewundert seine Geradlinigkeit und stößt sich doch auch an seinen Idealen, die „normale Mönche“ schier zu überfordern scheinen. So bleibt es nicht aus, dass sich Benedikt nach der Zeit in Subiaco, in der einige kleinere Gemeinschaften entstehen, an anderem Ort ein neues Wirkungsfeld suchen muss. Es wird Montecassino, das bis heute als Mutterkloster aller benediktinischen Gemeinschaften gilt. Hier praktiziert Benedikt seine berühmte Mönchsregel, deren „ora et labora – Bete und arbeite“ sprichwörtlich und bis heute für benediktinisches Leben und Wirken steht. Eigentlich müsste man das „Bete und arbeite“ noch um „Höre und lies“ ergänzen, die für Benedikt zur Mitte der Gottsuche und des Klosterlebens gehören.

Regeln für ein gelingendes Leben
Die „Regula Benedicti“ prägt das Leben der Gemeinschaften und des einzelnen Mönchs. Sie steckt voller Anweisungen, wie ein gelingendes Mönchsleben aussieht, und zeugt darüber hinaus auch sehr von Menschenkenntnis und -freundlichkeit, was sie bis heute bedeutsam macht. Diese Mönchsregel und jene, die sie mit Leben füllten, bescherten Europa einen immensen Beitrag zur kirchlichen und kulturellen Entwicklung. Waren es doch gerade Ideen Benedikts, die das abendländische Menschenbild weiterentwickelten und nachhaltig, bis heute, prägten. Dazu kamen und kommen die kulturellen Leistungen der Nachfolger Benedikts – Männer und Frauen, später auch die Zisterzienser – die aus ihrem Glauben heraus Akzente setzten in Land- und Forstwirtschaft, Bildung, Heil-, Schreib- und Dichtkunst, in Musik und Wissenschaft. Zahlreiche Schulen und bemerkenswerte Bauwerke entstanden. Nicht zuletzt ein neuer Blick auf das Arbeiten und Zusammenleben wurde möglich:

Im Kloster gibt es keine Sklaven, alle sind Brüder und tragen mit ihren Fähigkeiten zum Wohl aller und so zur Ehre Gottes bei.

Ermutigung für Europa
Man wünscht sich in den Umbrüchen unserer Tage, dass diese Verdienste und dieses Vermächtnis Benedikts und seiner Klöster die Völker Europas zu neuen Anstrengungen ermutigt. Benedikt nennt das Kloster eine „Schule für den Herrn“. Die Menschen Europas könnten sich im Blick auf diesen Schutzpatron – in Besinnung auf ihre Geschichte, die gemeinsamen Werte und Fundamente – heute ein gutes Stück neu entdecken und erfinden, zusammenrücken im Haus der Welt, in der Schule des Lebens, in der es die Herausforderungen der Zeit besser miteinander als gegeneinander zu gestalten gilt.

Gastfreundschaft
Als der Mönchsvater Benedikt am 21. März 547 in Montecassino stirbt, ahnt er nichts von dem Großen, das Jahrhunderte später mit seinem Namen verbunden wird und Geschichte und Leben Europas und der Kirche in aller Welt beeinflusst und inspiriert. Vielleicht ist es sogar ein nebensächlich scheinender Aspekt seiner Regel, der in Europa und darüber hinaus heute ein Schlüssel zu gelingender Zukunft sein könnte: Gastfreundschaft. Was für Benedikt ein selbstverständlicher Ausdruck der Nächstenliebe und Gottesbegegnung war, könnte für uns heute ein Lernfeld sein, die diversen und diffusen Ängste voreinander und „dem Fremden“ abzubauen. Frieden mit sich selbst, dem Mitmenschen, mit Gott – dafür steht Benedikt von Nursia bis heute.

Text: Pater Sascha-Philipp Geißler
Bild Benedikt: © maurosessanta, Bild Europa: © 12ee12, beide: Adobe Stock

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