Der Weltfrauentag geht alle an

...warum sich auch Männer zu Wort melden sollen

Am 08. März ist Internationaler Frauentag. Er entstand im Kampf von Frauen um Gleichberechtigung und um das Frauenwahlrecht. In den christlichen Kirchen wird zwar auf der biblischen Grundlage die gleiche Würde von Frauen und Männern betont, mit der daraus folgenden Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern aber ist es noch nicht weit her.

Viele engagierte Theologinnen, aber auch Theologen – nicht nur in der sogenannten Feministischen Theologie – bemühen sich seit Jahren um mehr Sensibilität und ein stärkeres Bewusstsein der immer noch zahlreichen Diskriminierungen.

Dabei geht es letztlich um das Bewusstsein, dass Frauen wie Männern in gleicher Weise das gemeinsame Menschsein geschenkt ist, auch wenn es sich in verschiedener Weise ausprägt.

In der täglichen Arbeit pallottinischer Brüder und Patres spielen die Rechte von Mädchen und Frauen heute vor allem in der Missionsarbeit eine wichtige Rolle. Dabei ist Vinzenz Pallottis Gottes- und Menschenbild ganz im Sinne eines gleichberechtigten Miteinanders von Frauen und Männern interpretierbar.

Frauen wie Männer haben ja nach Pallotti einfach aufgrund ihres Menschseins in gleicher Weise an den Attributen Gottes teil und sind deshalb heilig, gütig, vollkommen, barmherzig, liebevoll, rein, unfassbar und – auch das ist ein Aspekt – von Gott her wesenhaft zum Miteinander und zum gemeinsamen Handeln befähigt. Zusammenarbeit ist nach Pallotti die „größte der Eigenschaften Gottes“.

Frauen und Männer sind daher nach Pallotti zum Apostolat berufen, zur Teilnahme an der Sendung Jesu, die er vom Vater erhalten hat („Jesus, der erste der Apostel“). Alle sind Botinnen und Boten Gottes – allein aufgrund der Tatsache, dass sie seine Geschöpfe sind und deshalb seine Liebe in sich tragen.

Wir haben Männer und Frauen nach Ihrer Meinung gefragt

Sollten wir uns aus dieser pallottischen Weltsicht heraus mehr um Gerechtigkeit zwischen Frauen und Männern bemühen – in der Kirche und in der Welt? Sollten sich auch Christinnen und Christen am Weltfrauentag deutlicher zu Wort melden? Was würden Sie sich wünschen?

 

Die Errungenschaften Clara Zetkins in Ehren halten
„Zur Entstehungsgeschichte des Weltfrauentages sollte nicht in Vergessenheit geraten, dass der Gedenktag 8. März bewusst auf den Jahrestag des Beginns der russischen Februarrevolution gelegt wurde. In dieser lehnten sich u.a. Frauen um die Frauenrechtlerin Clara Zetkin gegen das feudalistische Zarensystem auf und brachten es letztlich zu Fall. Ihre Anliegen waren die Gleichstellung der Frau – insbesondere verkörpert durch das Frauenwahlrecht – sowie die Emanzipation weiter Bevölkerungsschichten, die z.B. durch ein Besitzwahlrecht unterrepräsentiert waren, um es vorsichtig zu sagen.
Mithin ist der Weltfrauentag generell ein Gedenktag für die Errungenschaften der Demokratie sowie der Gleichberechtigung aller Bürger und Bürgerinnen im Sinne von Freiheit, Gleichheit und Brüder- bzw. Schwesterlichkeit.
Dieser Aspekt sollte sich gerade in den jetzigen politischen – teils hitzigen – Debatten immer wieder vor Augen geführt werden, um die Errungenschaften, die unter anderen Clara Zetkin und ihre Mitstreiterinnen erkämpft haben, in Ehren zu halten und sie nicht als Selbstverständlichkeit hinzunehmen.“

Dr. Roland Weis, Justitiar der Pallottiner

 

Frauen sollen das Angesicht der Kirche prägen
„Die Weise, wie Papst Franziskus die Kirche führt, erinnert mich an Lehrerinnen, die ich in der Theologie und in der Meditationsausbildung hatte – sehr nahe an den Menschen, mit offenen Augen für ihre Not. Frauen denken, spüren und sprechen oft erfrischend anders. Ich wünsche unserer Kirche den Mut, Theologinnen und Seelsorgerinnen in ihrem Wert anzuerkennen und ihnen den Wirkraum zu geben, von dem aus sie das Angesicht der Kirche prägen können.“

Prof. Pater Paul Rheinbay SAC, Lehrstuhl für Alte Kirchengeschichte an der PTHV

 

Frauen brauchen den gleichen Zugang zu Leitungsaufgaben
„In der Schöpfungsgeschichte in Genesis 1,27 lesen wir “Gott erschuf den Menschen als sein Bild. Als Mann und Frau erschuf er sie.“ Als Abbilder Gottes sind alle Menschen, Frauen und Männer, so Vinzenz Pallotti, zum Apostolat berufen. In der Bibelstelle steht nichts davon, dass Frauen dies nicht machen dürfen und ausschließlich Männer zum Apostolat berufen sind oder mehr Rechte haben.

Positiv formuliert heißt das nichts anderes, dass Frauen und Männer die gleiche Verantwortung für die Schöpfung und das menschliche Miteinander haben. Gleiche Verantwortung heißt auch den gleichen Zugang zu allen Leitungsaufgaben in Politik und Gesellschaft und auch in unserer Kirche.

Die Lebenswirklichkeit der meisten Frauen sieht ganz anders aus. Unterdrückung von Frauen, Männergewalt gegen Frauen, Zwangsprostitution, schlechtere Bildungschancen, weniger Lohn für die gleiche Arbeit und und und … Das findet nicht allein irgendwo in anderen Erdteilen statt, sondern auch hier in Deutschland und Europa.
Solange das so ist, bleibt der internationale Frauentag notwendig, nicht zuletzt für uns Männer. Ich glaube, aufgrund des Pallottischen Menschenbildes steht es uns, den Mitgliedern der Vereinigung vom katholischen Apostolat, gut an, an einer gerechten Welt mitzubauen und den Weltfrauentag zu unterstützen. Um mein Statement abzurunden, will ich mit dem ersten Satz des Grundgesetztes der Bundesrepublik Deutschland enden. Ich finde diesen Satz genial, weil er für mich den Grundgedanken der anfangs zitierten Schöpfungsgeschichte für heute kurz und sehr klar ausdrückt, nämlich:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar“ (Art.1, Abs. 1, Satz 1 GG)“

Bruder Klaus Schneider SAC, Bahnhofsmission Augsburg

 

Einsatz für Gerechtigkeit ist eine Menschenpflicht
„Die Beziehung der Geschlechter scheint mir eines der wichtigsten Aufgabenfelder im Einsatz für mehr Gerechtigkeit. In den verschiedenen Kulturen und Weltgegenden geht es dabei auf den ersten Blick um sehr unterschiedliche Dinge, auf den zweiten Blick aber erkennt man, dass immer Jahrhunderte alte Rollenfestschreibungen und Klischeevermittlungen im Weg stehen.
Sich für Gerechtigkeit engagieren ist nicht eine gute Tat, die man setzen oder lassen kann. Es ist eine Pflicht des Menschseins, auch wenn das manchen nicht bewusst sein mag. Deshalb ist es in meinen Augen etwas Wesentliches, gegen die vielen Ungerechtigkeiten – wo immer möglich – zu kämpfen, jeder und jede auf seine und ihre Weise. Da braucht es einen wirklichen Kampf, weil das Beseitigen von Ungerechtigkeit und struktureller Sünde immer eine Umkehr bedeutet, bei der jemand zurückstecken muss. Für gewöhnlich geschieht so etwas nicht schnell freiwillig und ist eine bleibende Herausforderung für die menschliche Reife und Solidaritätsfähigkeit.
Das jüdisch-christliche Erbe, das an die Gegenwart Gottes in jedem Menschen glaubt, hätte da einen Beitrag der Korrektur zu leisten. Das fällt den männlich dominierten Kirchen und Religionsgemeinschaften naturgemäß schwer und gelingt eher ansatzhaft, wenn überhaupt. Christinnen und Christen sind also nicht nur dazu aufgefordert, sich in Politik und Gesellschaft einzubringen, sondern auch in der eigenen Glaubensgemeinschaft. Eine tiefgreifende Reform der Priesteraus- und -weiterbildung, in der ich selbst einige Jahre tätig war, steht da noch aus. Dort sehe ich einen Schlüssel für mögliche positive Entwicklungen im kirchlichen Kontext bzw. befindet sich dort derzeit noch ein Hindernis. (Und falls jetzt jemand überrascht sein sollte und meint, da liefen die Dinge ohnehin schon recht gut, kann er nachlesen, wie der Papst neulich festhielt: „Die Kirche behandelt Frauen manchmal wie Sklavinnen…“)

In der Kirche, wie auch in anderen Religionen, geht es um eine adäquate Repräsentanz der Frauen auf den verschiedenen Ebenen, auch und vor allem auf den Entscheidungs- und Leitungsebenen… Selbstverständlich ist der 8. März auch für ChristInnen ein guter Anlass, das Thema der Geschlechterbeziehung aufzugreifen.“

Dr. Brigitte Proksch, Theologin

 

Unsere Welt könnte gottgemäßer sein
„Vor allen Unterschieden und Verschiedenheiten zwischen Menschen, die sie – leider oft genug „künstlich“ – voneinander trennen, verbindet sie ihre Menschenwürde. Aus christlicher Sicht liegt sie zunächst darin, dass jeder Mensch, ob Mann, ob Frau, ein von Gott aus Liebe und zur Liebe ins Leben gerufenes Geschöpf ist. Niemand hat sich selbst erschaffen. Leben ist verdankt und Menschenwürde – Gott sei Dank – keine Menschenmache; wo kämen wir da hin?
Darum darf menschliches Leben nicht als „Ware“ oder Verfügungsmasse oder „höher – bzw. minderwertig“ betrachtet und behandelt werden!

Wie könnte die Welt aussehen, wenn trotz oder gerade wegen der Verschiedenheit in Geschlecht, Status, Lebensart und -situation oder „Funktion“ usw. die alle verbindende gleiche Menschenwürde Ausgangspunkt jeglichen Denkens und Redens vom Menschsein ist und das Handeln in allen Bereichen des Lebens leitet? Sie kann gerechter und menschenwürdiger und gottgemäßer sein!“

Pater Sascha-Philipp Geißler SAC, Wallfahrtsdirektor und stellv. Chefredakteur das zeichen

 

Holt Euch Euer Leben zurück!
„WÄHLE DAS LEBEN, DAMIT DU LEBST!“(Dtn 30,19) diese Zusage Gottes an sein Volk Israel, ein Volk von Frauen, Männern und Kindern, ist nach wie vor besonders für die weltweite Frauenbewegung bedeutsam!

Vor hundert Jahren vereinigten sich international Frauen unabhängig ihrer Konfession zu einer Union im Kampf für das Wahlrecht und die Gleichberechtigung von Frauen. In den westlichen Ländern war dieser Kampf bisher erfolgreich, auch wenn noch vieles im Sinne einer GLEICHSTELLUNG auf den Weg gebracht werden muss.

Doch nach wie vor haben Frauen in Ländern der Dritten Welt immer noch nicht das Recht sich für ihr eigenes Leben und Überleben und das ihrer Kinder zu entscheiden. Als Mitarbeiterin von SOLWODI Augsburg gehen meine Gedanken heute zu den hunderttausenden Mädchen, die in Afrika täglich immer noch den grausamen Akt der Genitalverstümmelung erleiden müssen. Teils unmittelbar nach der Geburt wird unendlich physisches und psychisches Leid, oftmals mit Todesfolge, einem unmenschlichen Ritual geopfert. Mütter und Frauen, ja selbst die Justiz stehen nach wie vor dieser entwürdigenden Tradition hilflos gegenüber.

All diesen Frauen möchte ich heute zusagen: „WÄHLT DAS LEBEN!“ Traut euch! Traut Eurer Würde! Holt euch euer Leben zurück! Schafft euch Verbündete im Kampf gegen diese lebensfeindlichen Traditionen! Seid mutig, wachsam und kritisch! Und hört nicht auf an die wandelnde Kraft der EINHEIT zu glauben.

„WÄHLE DAS LEBEN- DAMIT DU LEBST!“ – ist deshalb auch eine Aufforderung an uns Frauen und Männer in der christlichen Welt! Wir können uns nicht unserer solidarischen Verantwortung aus dem Evangelium entziehen! Diese Frauen brauchen unsere Unterstützung, unseren Aufschrei, unsere Lobby!

Deshalb: Haltet die Augen offen! Informiert euch! Seht, hört, hinterfragt alle Ungerechtigkeiten, Missstände uns Machtgebaren gegen die Würde von Frauen und Mädchen in der Welt und in der Kirche! Dagegen steht auf! Mischt euch in unzumutbare Zustände ein! Sprecht für die Würde einer jeden Frau/eines jeden Menschen. Und hört nicht auf, an die Veränderung – auch in der Kirche – durch Gottes Geist zu glauben. (Wie die orthodoxe Kirche es uns derzeit mit der Weihe von Frauen zu Diakoninnen vorlebt!)

„WÄHLE DAS LEBEN, DAMIT DU LEBST!“ Solch mutiges Engagement aus dem Geist Gottes ist mir nur möglich, wenn ich selbst in der unendlichen Umarmung Gottes zu Hause bin. Indem ich mich in der Tiefe meines SEINS als Frau und Mann erlebe, die von Gott unterschiedslos geliebt und gehalten sind, begabt mit gleicher göttlicher Würde. Darin finden wir zu unserem wahren SELBST, – zur UNIO in unserer Gottebenbildlichkeit! Uns in der unendlichen Liebe Gottes als Gleiche begegnen- und zwar umfassend: in Amt, in Würde, in Kirche und Gesellschaft – das ist mein Wunsch an diesem WELTFRAUENTAGTAG 2018!!

Ich denke, das meinte 1835 auch Vinzenz Pallotti, als er die erste Form der UNIO – die VEREINIGUNG vom allumfassenden (katholischen) Apostolat initiierte, in der er selbstverständlich Frauen und Männer, Priester und Ordensleute in der gleichen universalen Weltverantwortung und -gestaltung berufen sah.

„WÄHLE DAS LEBEN, DAMIT DU LEBST!“ – Beginnen wir HEUTE am Weltfrauentag 2018!

Schwester Veronika Görnert OSF, Begleiterin für Exerzitien und Franziskanische CARCERI-Zeiten

 

 

Bilder
Girl with colored face painted: © bykobrinphoto / Adobe Stock
Explosion of colored powder: © Jag_cz / Adobe Stock

(JE, 07.03.2018)

Internationaler Frauentag am 08. März

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