Pallottiner erfreute jahrzehntelang mit seinem Orgelspiel
Bruder Egbert Kinner (87) hört auf
Beständigkeit und Zuverlässigkeit, das sind die Markenzeichen von Egbert Kinner. Vor nunmehr 68 Jahren hatte er sich um die Aufnahme bei der Norddeutschen Pallottinerprovinz in Limburg beworben und stand als Bruder im Limburger Missionshaus seinen Mann wo immer er gebraucht wurde, sei es in seinem erlernten Beruf als Gärtner im Blumen- und Zierpflanzenbau in der legendären Gärtnerei, als Landschaftsbauer oder später in der Verwaltung, wo er sich als Fahrer für Mitbrüder, Hilfspförtner, Telefonist und „Postmann“ betätigte.
Doch viel bekannter war der aus Schlesien stammende Mitbruder für seine Leidenschaft der Musik, die ihn jahrzehntelang mit dem Orgelspiel verband. Jüngst wurde der 87-Jährige in seiner Funktion als Organist verabschiedet. Namens und im Auftrag der Kirchenmusiker der Pallottinerkirche sowie als Vorsitzender des Beirats der Limburger Justizvollzugsanstalt (JVA) dankte Frank Sittel dem scheidenden Kollegen für seine treuen und wertvollen Dienste in der Pfarrkirche St. Marien wie auch in der JVA. Der Rektor unseres Missionshauses, Pater Alexander Holzbach und die JVA-Leiterin Anja Müller zollten dem Senior großen Respekt.
Auch ohne komplizierte Prüfung die Orgel gespielt
Obwohl Bruder Egbert weder Musik studiert noch ein Diplom erworben hatte, zogen ihn von Jugend an die Klänge der Instrumente in seinen Bann. Weit bevor er sich für das Kloster entschied, war er von der Musik und dem Theaterspiel fasziniert und schloss sich als junger Bursche im Münsterland einer weithin bekannten Sing- und Spielschar an. Kinner erlernte das Gitarrenspiel und musizierte bei der Christlichen Arbeiterjugend in der Tanzkapelle „Teddy Boys“ und sang später in der Schweiz in einem Kirchenchor.
Bruder Egbert, der heute zurückgezogen lebt, ist ein geselliger und humorvoller Mensch geblieben, der sich auch schon mal mit seiner Gitarre in Fastnachtsveranstaltungen einbrachte. Er erhielt Musikunterricht beim Limburger Pfarrorganisten Theodor Lebeda, zunächst an einem Harmonium, später an der alten Orgel in der Kirche St. Marien. Fortan begleitete er Klosterbrüder und Gläubige der Pfarrei morgens als „Frühspieler“ an Sonn- und Feiertagen in den ersten Gottesdiensten, spielte zu Requien und aushilfsweise im Konventamt.
Sittel stellte in der kleinen Abschiedsfeier fest, dass der Pallottinerbruder ein gutes Beispiel dafür sei, „dass man auch ohne die komplizierten, anstrengenden und langatmigen Prüfungsordnungen des Bistums während der Feier der Heiligen Liturgie recht anständig musizieren kann“. Habe einer der etatmäßigen Organisten auch mal kurzfristig eine Vertretung gebraucht, sei Egbert Kinner immer hilfsbereit und freundlich zur Stelle gewesen.
50 Jahre Orgel hinter Gittern
Eine plötzliche Erkrankung im vergangenen Jahr bedeutete für den rüstigen Senior den Abschied von seinem geliebten Instrument. Das bedeutete zugleich ein herber Verlust für die Limburger JVA, wo Bruder Egbert einmal pro Woche ganz selbstverständlich erschien, um auch dort die Gottesdienste mit seinem Orgelspiel zu begleiten und das bereits weit über ein halbes Jahrhundert. Eine ungewöhnliche Leistung eines musikalischen Dienstes hinter Gittern, wofür Bischof Georg Bätzing den bescheidenen Gottesmann anlässlich eines Besuchs 2016 bedankte und ehrte. Mal spielte der Pallottiner für katholische, mal für evangelische Gefangene oder auch mal zu ökumenischen Anlässen. „Kinner hat so einfühlsam und schön die Orgel gespielt, dass er nie in Haft genommen werden musste“, fügte Sittel mit einem Augenzwinkern hinzu.
Vor der Jahrtausendwende vergütete ihm die Justizvollzugsanstalt seinen Dienst mit dem irdischen Lohn von monatlich 39,04 Mark an die Missionsanstalt der Pallottiner. Als ihr Organist sodann das Rentenalter erreichte, stellte Justitia die Zahlungen ein und Bruder Egbert spielte ab sofort bis zum Schluss für Gotteslohn. Ein Nachfolger ist für die JVA noch nicht gefunden.
Bild & Bericht: Dieter Fluck
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