Stellungnahme der Pallottiner zur aktuellen Berichterstattung über angeblichen Missbrauchsfall
Es gilt die Unschuldsvermutung – Beschwerde beim Deutschen Presserat
In einem Beitrag, der zeitgleich in der Sächsischen Zeitung unter der Überschrift „Der Novize und die Sächsin“ und in der Badischen Zeitung sowie in der Südwestpresse vom 3. Mai 2021 erschienen ist, wird der Vorwurf gegen einen ehemaligen Novizen verbreitet, vor rund 30 Jahren eine Missbrauchstat an einer erwachsenen Frau begangen zu haben, und einem anderen Pater, dies damals nicht gemeldet zu haben. Dazu nehmen die Pallottiner wie folgt Stellung:
Zunächst ist es auch uns Pallottinern ein wichtiges Anliegen, dass gegen sexuellen Missbrauch von Minderjährigen und schutzbedürftigen Erwachsenen und auch sonstigen sexuellen Missbrauch konsequent vorgegangen wird. Sobald ein solcher Verdacht gegen ein Mitglied unserer Gemeinschaft oder eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter vorliegt, gehen wir dem nach und sind auch bereit, sollte sich der Vorwurf als richtig erweisen, die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen.
Im vorliegenden Fall, in dem einem Mitbruder vorgeworfen wird, er habe als Novize vor rund 30 Jahren eine erwachsene Frau zum Geschlechtsverkehr genötigt und einem weiteren Pater, er hätte dies den Ordensoberen nicht gemeldet und damit gedeckt, haben sich die Vorwürfe trotz umfassender Aufklärung nicht erhärten lassen, und eine Schuld der Patres oder gar eine Straftat konnte nicht festgestellt werden. Es gilt daher für beide Mitbrüder die Unschuldsvermutung.
Auch das Erzbistum Freiburg betont, den Anschuldigungen umfassend und gemäß den geltenden Leitlinien der Deutschen Bischofskonferenz nachgegangen zu sein. Der Vatikan hat sich ebenfalls mit dem Fall befasst. Dabei hätten sich die Missbrauchsvorwürfe nicht erhärten lassen. Die Diözese Freiburg sieht somit im Gegensatz zum Bistum Dresden-Meißen, wie dies in den Zeitungen auch berichtet wird, keine kirchenrechtliche Grundlage für Verbote oder Maßnahmen gegenüber den zwei beschuldigten Ordensmännern, die heute im Erzbistum Freiburg leben.
Untersuchungen haben Verdacht nicht bestätigt – Unschuldsvermutung gilt weiter
Die Provinzleitung der Pallottiner weist darauf hin, dass gegen beide Patres Untersuchungen eingeleitet worden sind, die weder von staatlicher noch von kirchlicher Seite zu einer Anklageerhebung oder gar Verurteilung geführt haben. So wurde gegen den in den Zeitungsartikeln Pater Vogt genannten Pater ein staatsanwaltschaftliches Ermittlungsverfahren geführt, das gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden ist. Es ist also noch nicht einmal Anklage gegen den Pater erhoben worden, geschweige denn, dass er wegen einer Straftat verurteilt worden wäre. Auch eine kanonische Voruntersuchung wurde eingeleitet, die ebenfalls nicht zur Eröffnung eines kanonischen Strafverfahrens gegen ihn geführt hat. Der Pater wurde somit weder im staatlichen noch im kirchlichen Verfahren einer Straftat angeklagt, überführt oder gar verurteilt.
Auch mit Bezug auf den in den Medien als Pater Hahn bezeichneten Pater wurde eine kanonische Voruntersuchung geführt, die ebenfalls nicht in die Einleitung eines kanonischen Strafverfahrens mündete. Für beide Patres gilt daher weiter die Unschuldsvermutung. Außerdem haben beide Patres die Vorwürfe nachdrücklich, für uns glaubhaft und konstant als falsch zurückgewiesen.
Wir weisen vor diesem Hintergrund darauf hin, dass eine identifizierende Berichterstattung mit Bezug auf die beiden Patres unzulässig ist und eine solche Berichterstattung eine schwere und nachhaltige Schädigung des Persönlichkeitsrechts beider Patres bedeuten würde. Es besteht daher ausdrücklich auch seitens des Provinzialats der Pallottiner kein Einverständnis mit einer identifizierenden Berichterstattung.
Durch die bisherige Berichterstattung sind die Existenz und die Persönlichkeitsrechte unserer Mitbrüder nach unserem Dafürhalten bereits jetzt auf ungerechtfertigte Weise verletzt und teilweise zerstört worden, ohne hinreichende Tatsachen- und Beweisgrundlage.
Wir wehren uns entschieden gegen eine Berichterstattung, die in ihrer Anlage und der Recherche nach unserer Wahrnehmung vorverurteilend ist. Die daraus angeblich resultierende Debatte in der deutschen Bischofskonferenz in Bezug auf die Missbrauchsordnung ist darauf angelegt, die Schuld der betroffenen Patres als gegeben vorauszusetzen und nur noch die Konsequenzen bei Fehlverhalten zu debattieren.
Beschwerde beim Deutschen Presserat
Wir sind nach wie vor an einer umfassenden Aufklärung der Angelegenheit interessiert, sowie an Klarheit, Wahrheit und Transparenz, wobei die Persönlichkeitsrechte aller Betroffenen in jedem Fall gewahrt werden müssen. Diese sind unserer Ansicht nach in der eingangs erwähnten Berichterstattung nicht ausreichend berücksichtigt worden. Deshalb werden wir eine Beschwerde beim Deutschen Presserat einreichen. Die Berichterstattung verstößt nach unserer Ansicht gegen Grundsätze des Pressekodex, konkret gegen Ziff.1 („Wahrhaftigkeit und Achtung der Menschenwürde“), gegen Ziff. 2 („Sorgfaltspflicht“), gegen Ziff. 8 und 9 („Schutz der Persönlichkeit und der Ehre“) und gegen Ziff.13 („Unschuldsvermutung)“.
Foto: svort adobe stock
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