Pater Christoph Lentz SAC begrüßt Schwester Philippa Rath OSB in der Pallotti-Kirche in Friedberg (Bayern)

Ein Tabu ist gebrochen

Schwester Philippa über Berufungsgeschichten von Frauen

So voller Menschen war die Pallotti-Kirche in Friedberg schon lange nicht mehr. Über 150 Menschen, hauptsächlich Frauen, waren zur Lesung von Schwester Philippa Rath gekommen, um sich über Berufungen von Frauen erzählen zu lassen, die nie Wirklichkeit werden durften.
„Weil Gott es so will. Frauen erzählen von ihrer Berufung zur Diakonin und Priesterin“, so lautete der Buchtitel von Schwester Philippa. Und so lautete auch der Titel des Abends.

Über hundert Lesungen hat die Benediktinerin Schwester Philippa schon absolviert. Aber noch immer ist ihr die Rührung anzumerken, die sie schon beim Lesen der Manuskripte erfasst hat: „Die Texte haben mich sprachlos gemacht und Tränen liefen mir über das Gesicht“, erzählte die Schwester und berichtete, wie es zu dem Buch gekommen war.

Sie selbst habe nie Priesterin werden wollen, gestand sie, daher habe sie das Thema lange Zeit nicht berührt. Die Wende setzte ein, als sie geistliche Begleiterin von Frauen wurde, die zu Gast in ihrer Abtei waren. Und später, als Begleiterin einer Ortsgruppe der Katholischen Frauengemeinschaft Deutschlands. Beim persönlichen Gespräch erfuhr sie auf einmal die großen Leidensgeschichten, wenn Frauen eine Berufung spüren und sie nicht leben können. „Manche sind darüber auch krank geworden“, berichtete sie. Das Missverhältnis, das Schwester Philippa immer mehr bewusst wurde: Frauen erledigen zu 85 Prozent die Arbeit in der Kirche und tragen nur umgekehrt proportional Verantwortung.

Die endgültige Wende erlebte die Benediktinerin dann als Delegierte beim Synodalen Weg: Als ihr zwei Bischöfe im Gespräch sagten, dass sie überhaupt keine Frauen kennen würden, die sich für Weiheämter berufen fühlten, habe sie das „gewurmt“. Flugs setzte sie sich hin und bat 12 Frauen per Mail ihre Berufungsgeschichten aufzuschreiben. Doch weil diese 12 Frauen die Einladung weitergegeben hatten, landeten am Ende 150 Geschichten auf dem Schreibtisch von Philippa Rath. Da war ihr klar: Jetzt muss es ein Buch werden. Und der Herder-Verlag sagte sofort Ja.

Der Titel „Weil Gott es so will“ stammt aus einem Text, in dem eine Frau scheibt: „Eines Tages wusste ich, Gott will es von mir.“ Und wieder machten alle Texte deutlich: „Frauen, die eine Berufung verspüren, leiden, weil sie sie nicht leben können. Männer werden in die Ämter getragen, Frauen werden verlacht.“ So ähnlich hatte es Pater Christoph Lentz formuliert, der als Leiter des pastoral-theologischen Instituts zusammen mit dem Katholischen Frauenbund eingeladen hatte: „Ich bin ein privilegierter Mann“, hatte er eingangs zugegeben. „Mir standen alle Türen offen.“

Die Vizepräsidentin des deutschen Katholischen Frauenbundes und Mitorganisatorin, Sabine Slawik begrüßt Gäste am Eingang der Pallotti-Kirche in Friedberg.
Sabine Slawik moderiert die Fragen der Gäste

Vier Generationen kommen zu Wort

Die Texte, in die Schwester Philippa an diesem Abend Einblicke gab, sind ein Kaleidoskop von Frauengeschichten, die aber alle gleiche Grundmuster aufweisen. Vier Generationen seien in dem Buch vereinigt, so Philippa. Die jüngste Frau sei 21 Jahre, die älteste 96 Jahre. 80 bis 85 Prozent arbeiteten in der Kirche als Pastoral- und Gemeindereferentinnen, als Religionslehrerinnen oder Sozialarbeiterin. Bis auf vier Frauen seien alle katholisch geblieben. Zwei wurden evangelische Pfarrerin, zwei altkatholische Priesterin. „Und alle haben geglaubt, sie seien Exotinnen und die einzigen“, erläuterte Philippa und fügte hinzu: „Heute ist daraus ein starkes Netzwerk geworden.“

Ihre Geschichten sind Zeugnisse von Diskriminierung und Ausgrenzung. Eine Frau schreibt, ihr sei klar, dass Berufung geprüft werden müsse, aber die Kirche weigere sich, überhaupt zu prüfen. Eine andere Frau erzählt: „Ich spüre eine große Kraft in mir und weiß, sie ist der Ort meiner tiefsten Kränkung.“ Eine Pastoralreferentin klagt: „Ich darf vorbereiten zur Taufe, aber nicht taufen, ich darf die Krankenkommunion bringen, aber nicht die Beichte hören, ich darf Sterbende begleiten, aber nicht die Krankensalbung spenden. Und der Priester hetzt von einem Zimmer zum anderen.“

Nach zwei Jahren kein Interesse mehr am System

Die 96-jährige Professorin erzählt zudem in dem Buch, wie sie als Kind Messdienerin sein wollte und zum ersten Mal spürte, dass ihr etwas aufgrund ihres Geschlechtes verwehrt werde. Und die 21-Jährige berichtet: „Wenn ich sehe, wie die älteren Frauen in ihrem Einsatz für geschlechtergerechte Kirche resignieren, verspreche ich, dass ich dranbleiben werde.“

Bemerkenswert für Schwester Philippa war es, dass alle Frauen zu Beginn des Buchprojekts den Wunsch hatten, geweiht zu werden. Nach zwei Jahren aber sagte nur noch die Hälfte von ihnen, dass sie sich weihen lassen würden, weil sie nicht Teil dieses Systems sein wollen. „Das ist ein großer Schritt innerhalb von zwei Jahren“, findet Schwester Philippa.

„Ich glaube an die Wirkmächtigkeit des Gebets“

Die Benediktinerin ist aber überzeugt: „Das Buch hat ein Tabu gebrochen.“ Bischöfe hatten ihr Bewusstsein geändert, Netzwerke seien entstanden, es wurde tiefer über Berufung geredet und aus Reaktionen von Männern sei ein zweites Buch entstanden: „Frauen ins Amt! Männer der Kirche solidarisieren sich“. Darin schreibt ein Weihbischof, er verspreche sich einen geistlichen Aufbruch in der Kirche, wenn Frauen geweiht würden. Die Vizepräsidentin des deutschen Katholischen Frauenbundes und Mitorganisatorin, Sabine Slawik, bestätigte, wie sehr das Frauen-Netzwerk Kraft spende. „Ich habe dabei auch viel über Ordensfrauen gelernt“, sagte Slawik.

„Hoffnung wider alle Hoffnung. Das ist mein Motto“, sagte Philippa Rath nach 90 Minuten Lesung und Gespräch. Sie sei zuversichtlich, dass Frauen in den Ämtern der Kirche präsent sein werden. Und: „Ich glaube an die Wirkmächtigkeit des Gebets, damit sich Bewusstsein verändert.“ Die Anwesenden rief die Schwester auf, sich zu vernetzen und auch Briefe nach Rom zu schreiben, damit dort nicht immer nur die konservativen Stimmen gelesen werden.

Eine Kirchenspaltung befürchtet die Benediktinerin im Übrigen nicht. Vielmehr sehe sie schon vorhandene Spaltungen: zwischen der Kirche und denen, die aus dem Inneren der Kirche ausgetreten sind, sowie die Spaltung zwischen Hirten und Volk. „Der Autoritätsverlust der Bischöfe ist doch ungeheuer.“

Bericht: Alexander Schweda
Bilder: Josef Eberhard
Buch: „Weil Gott es so will“ (Link zur Buchhandlung der Pallottiner)

Link: Handlungstext Frauen in sakramentalen Ämtern (Katholische Kirche Frankfurt am Main) 4 Seiten
Link – Vertiefte Lektüre (pdf): Grundtext: Frauen in Diensten und Ämtern in der Kirche (Synodaler Weg) 76 Seiten
Link zur Kooperationspartnerin: Katholischer  Deutscher Frauenbund Augsburg

Derzeit erreichen den Heiligen Stuhl viele Briefe besorgter Christinnen und Christen, dabei haben die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Papstes nicht nur in Zeiten der Weltsynode ein offenes Ohr

Papst Franziskus ist offensichtlich auf vielen Wegen zu erreichen:

Seine Heiligkeit Papst Franziskus
Palazzo Apostolico
00120 Città del Vaticano, Rom
Italien

Wer nicht nach Italien schreiben will, kann es auch dem deutschen Nuntius mitgeben:

Seine Heiligkeit
Papst Franziskus
Apostolische Nuntiatur
Postfach 61 30 58
10941 Berlin

Oder der Glaubenskongregation schreiben

Kongregation für die Glaubenslehre
Palazzo del Sant’Uffizio
00120 Città del Vaticano

Die Briefe kommen im Vatikan an und werden dort bearbeitet. Ob sie wirklich vom Papst selbst gelesen werden kann leider nicht sichergestellt werden. Aber die Chance besteht.

Weitere Möglichkeiten:
Twitter: @pontifex
E-Mail: postmaster@vatican.va

Ob alle Briefe ankommen, und von wem diese genau gelesen werden, ist uns leider auch nicht bekannt. Leider kann keine Gewähr für die Richtigkeit der oben genannten Adresse sowie auf eine Antwort von Papst Franziskus gegeben werden.

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