Gedenkfeier zum 80. Todestag von Pater Franz Reinisch

Ein Grantiblock in braunen Fluten

Am Samstag, dem 20. August 2022 lud das Franz-Reinisch-Forum zum Gedenken an den 80. Tag der Hinrichtung von Pater Franz Reinisch nach Vallendar-Schönstatt (Rheinland-Pfalz) ein. Am Nachmittag fand in der Pilgerkirche eine Gedenkfeier mit Statio und Vesper am Grab von Pater Reinisch statt. Nach einem gemeinsamen Abendessen im Pilgerhaus der Schönstatt-Bewegung, trafen sich die Gäste zu einem „Konzert der Stille“ in der Pallotti-Kirche. Pater Franz Reinisch war der einzige katholische Priester, der den Fahneneid auf Hitler verweigerte. Für ihn war klar: Den Fahneneid leisten auf einen Verbrecher wie Hitler – niemals! Am 21. August 1942 wurde er in Brandenburg von den Nazis enthauptet.

Ein Gewissen aus Granit

Sängerinnen und Sänger des Domchores aus Limburg, unter der Leitung von Christoph Kipping eröffnete den ersten Teil der Gedenkfeier. Pater Heribert Niederschlag SAC erinnerte an das Lebenszeugnis von Franz Reinisch und zeichnete den Weg des Seligsprechungsprozesses nach. Er dankte dem Vertreter der Diözese Trier, Herrn Weihbischof Jörg Peters, für die hervorragende Arbeit. Weihbischof Jörg Peters zitierte in seiner Ansprache die Worte von Bischof Reinhold Stecher (Innsbruck), der selber unter der Verfolgung der Nazis gelitten hat: „Wenn ich an P. Reinisch denke, fällt mir immer ein Granitblock in einem hochwasserführenden, rauschenden Bergbach ein, an dem die erdbraunen Fluten zerschellen. (…) Ich weiß, dass das, was er getan hat, nicht einfach von jedem Christen verlangt war. Aber weil ich weiß, wie schwer jene Tage und Bedrängnisse waren, neige ich mich in Ehrfurcht vor diesem granitenen Gewissen. Und dies umso lieber, als wir heute eher in einer Gesellschaft leben, in der Schaumgummi und Weichspüler dominieren.“

Unterschiedliche Blickwinkel auf das Leben von Pater Reinisch

Mehrere Reinisch-Experten beleuchteten aus verschiedenen Perspektiven den Entscheidungsweg von Franz Reinisch. Pater Dr. Wojciech Kordas OFM Conv. zeichnete den schwierigen Weg Reinischs zum Priestertum nach. Ehe er ein beherztes JA zu dieser Berufung sagen konnte, musste er manchen Kampf bestehen. Domkapitular Martin Emge stellte Reinisch als Schönstätter vor. In der Schönstatt-Bewegung fand Reinisch eine Form, die das Ideal von Vinzenz Pallotti zeitgerecht verwirklichen wollte: Das Apostolat aller Frauen und Männer. Seine letzte Entscheidung zur Verweigerung des Fahneneides fällte er in der Gnadenkappelle in Schönstatt. Hier empfing er die Kraft, den Weg zu gehen. Pater Peter Hinsen SAC legte dann die Schwierigkeiten dar, die diese Entscheidung auch für die Gemeinschaft der Pallottiner bedeutete. In späteren Jahren gab es ein lebhaftes Ringen in der pallottinischen Gemeinschaft um die Beurteilung des Lebenszeugnisses von Franz Reinisch. Pater Hinsen erzählte z.B. wie ein Mitbruder, der Reinisch selbst gekannt hat, ihn zuerst sehr kritisch beurteilte, aber später zu einem Verehrer wurde. Durch die unterschiedlichen Vorträge wurde das Leben von Franz Reinisch für die Zuhörer lebendig. Die Beiträge des Domchores gaben den Teilnehmern immer wieder die Gelegenheit, das gerade gehörte auf sich wirken zu lassen. Der Organist Frank Sittel leitete mit seinem einfühlsamen Orgelspiel von einem Programmpunkt zum nächsten über. Nach den bereichernden Vorträgen gab es einen intensiven Austausch aller bei Kaffee und Kuchen.

Christen* müssen Lebensentscheidungen selbst verantworten

Um 17:00 Uhr stand Weihbischof Jörg Peters der Gedenkfeier am Grab von Franz Reinisch vor, die als Vesper gestaltet war. Musikalisch wurde sie von Sr. Tabea, Sr. Dorte und Sr. Christina-Maria begleitet, die mit ihrem Gesang der Vesper einen wunderbar feierlichen Rahmen gaben. Pater Niederschlag erinnerte in einer kurzen Ansprache daran, dass Reinisch seine Entscheidung auch biblisch untermauerte. Die Begebenheit des 12-jährigen Jesus im Tempel zeigte ihm, dass der Mensch, der im Glauben erwachsen geworden ist, nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht hat, seine Entscheidungen selbständig zu treffen. Der 12-jährige Jesus blieb im Tempel, ohne die Eltern zu informieren. Als sie ihn finden antwortete er nicht mit einer Entschuldigung, sondern mit dem Hinweis: „Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meines Vaters ist.“ Der Ruf des Vaters kann zu heftigen Konflikten selbst mit denen führen, die ganz nahe sind.

Im „Konzert der Stille“ fand der Reinisch-Gedenktag einen beeindruckenden Abschluss. Zu Beginn der Veranstaltung bat Pater Niederschlag auf den Applaus am Ende zu verzichten, um dem Zeugnis von Franz Reinisch den notwendigen Raum zu lassen. In einer dialogischen Form wird der Lebens- und Entscheidungsweg von Franz Reinisch nachgezeichnet. In dem Dialog, der von der früheren Mitarbeiterin im Reinisch-Forum, Angela Marlier, geschrieben wurde, fragt die ehemalige Freundin von Franz Reinisch nach den Beweggründen seiner Entscheidung. Die Rolle der Ludowika Linhard wurde von der Journalistin Katrin Wolf gesprochen, die sie in beeindruckender Weise ausfüllte. Pater Heribert Niederschlag SAC lieh seinem Mitbruder Franz Reinisch die Stimme. Musikalisch wurde diese Art der Lebensbeschreibung mitgestaltet von Frater Gregor Brandt OCist, Organist Abtei Marienstatt. Er verstand mit seinem Orgelspiel die verschiedenen Episoden des Lebens von Reinisch zu intonieren und so tieferen Ausdruck zu verleihen. Als die drei Akteure am Ende des Stückes in Stille die Kirche verließen, waren die ca. 100 Teilnehmer sehr beeindruckt. Viele verweilten noch in Stille in der Kirche.

Ein zufällig anwesender Pallottiner-Missionar aus Brasilien zeigte sich ergriffen und bewegt mit der Bemerkung: „Solche Tage, wie der heutige, sind, besonders auch für die Kirche in Deutschland, Mahnung und Hoffnung zugleich!“

Text & Bilder: Franz-Reinisch-Forum, Vallendar

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