Nach der Volksschule: Was willst du denn werden?

Westerwälder Bub fand den Weg zu den Pallottinern

Der Westerwald, karg und steinig wie er einst war, so bot er den Humus für Menschen, die sich für den Priesterberuf begeistern konnten. Es gab Jahrgänge, in denen gleich mehrere junge Männer in der katholisch geprägten Region anstatt ein Handwerk zu erlernen und eine Familie zu gründen Gott versprachen, ihr Leben in seinen Dienst zu stellen. Einer von ihnen ist der Pallottinerpater Josef Wirfler aus Langendernbach (Kreis Limburg-Weilburg).

Bei den Pallottinern gab es Lehrstellen
Er war der älteste von zwei Söhnen eines Landwirts, der in einem Steinbruch in Dornburg den zusätzlichen Unterhalt für seine vierköpfige Familie verdiente. Wie viele andere Kinder ging auch Josef in die Volksschule. Im achten Schuljahr stellte sich die Frage: Was willst du denn werden? „Nun, ich war ein eifriger Messdiener und an allem interessiert, was mit der Kirche zu tun hatte“, blickt der heute 82-Jährige zurück. „Unser Pfarrer, der Geistliche Rat Wilhelm Schneider, meinte dann ‚Komm fahr mal mit nach Limburg‘, um mich für die Gemeinschaft der Pallottiner zu interessieren. Hier gab es viele Lehrstellen; das war weit und breit bekannt“, sagt Wirfler.

Doch es sollte anders laufen. „Eines Tages kam der Pater Rektor Bretz bei uns vorbei und fragte mich: „Willst du nicht Priester werden? – Da hab‘ ich gesagt, nein, das ist mir viel zu hoch. – Der sagte dann, komm doch in unser Bischof-Vieter-Kolleg und mach das Abitur, danach kannst du ja noch überlegen, was du weiter machen willst“, berichtet Josef Wirfler aus dem damaligen Gespräch, das er sein Leben lang nicht vergessen hat.

Das nach dem früheren Pallottinerbischof Heinrich Vieter (1853 bis 1914) benannte Kolleg in Limburg ermöglichte von 1946 bis 1972 so genannten Spätberufenen, auch Kriegsheimkehrern, den Weg zum Abitur und zum Priestertum. Die beiden letzten Schuljahre bis zur Hochschulreife mussten die Schüler am Limburger Gymnasium, der heutigen Tilemannschule, absolvieren.

Vom Pater zum Pfarrer
Für den Westerwälder Bub war das kein Problem und als Josef sein Abi in der Tasche hatte, sagte er sich: „Jetzt bin ich schon mal auf dem Weg, dann mache ich auch weiter.“ Er absolvierte das zweijährige Noviziat, die zweijährige Vorbereitungszeit zur Aufnahme in die Klostergemeinschaft, schloss das vierjährige Studium an der philosophisch-theologischen Hochschule der Pallottiner in Vallendar an und wurde dort am 18. Juli 1965 zum Priester geweiht.

Die beiden ersten Jahre als Kaplan in Mülheim/Ruhr waren für den jungen Pater das Sprungbrett für weitere Aufgaben. Schon bald erkannten seine Vorgesetzen, dass er sich für die selbständige Leitung einer Pfarrei eignet und setzen ihn als Administrator der dort verwaisten Heilig-Kreuz-Pfarrei ein. „Dass ich als Pallottinerpater nun mit ‚Herr Pfarrer‘ angesprochen wurde, daran musste ich mich erst gewöhnen“, sagt er und gab seinen Oberen zu verstehen: „Jetzt weiß ich, was es heißt, Pfarrseelsorger zu sein.“ Diese Aufgabe hatte ihn erfüllt, so dass er schon kurze Zeit später um die offizielle Übernahme einer Pfarrei gebeten hatte.

Wirfler wurde mit einer neuen Pfarrei beauftragt, die eigens in einem neu entstandenen Wohngebiet in Hatzenberg, einem Stadtteil von Olpe, gegründet wurde. Außerdem bekam er als Pfarrvikar die Verantwortung für die drei Negerdörfer: Unter-, Mittel- und Oberneger. Wirfler lächelt verschmitzt, als er seinem ungläubig dreinschauenden Gegenüber erklärt: „Ja ja – dort im Sauerland gibt es Neger“ – einen aus drei Dörfer bestehenden Stadtteil der nordrhein-westfälischen Kreisstadt Olpe.“

Ganz ohne Huddel geht es nicht
Als wäre das noch nicht genug, wurde er zusätzlich Religionslehrer im städtischen Gymnasium in Olpe und bekam später „die wunderbare Aufgabe“, die religionspädagogische Ausbildung der Religionslehrer zu leiten. Und Pater Wirfler fügt nicht ohne Stolz über seine erfolgreiche Arbeit hinzu: „Bei der letzten Veranstaltung hatte ich 89 Lehrpersonen.“

Der Westerwälder verbrachte insgesamt 24 Jahre in Olpe, ehe er neue Aufgaben im Saarland übernahm, wo es 21 Jahre werden sollten. Der Bischof von Trier ernannte ihn 1997 in Völklingen-Wehrden zum Pfarrer zweier Pfarreien mit zwei Pfarrkirchen. „Daran musste ich mich erst gewöhnen“, sagt der Pater; denn ab sofort war er Seelsorger und Kooperator für zehn Dörfer, zusätzlich Definator (Finanzverwalter des Dekanats) und stellvertretender Dekan von Völklingen.

Der Pater: „Ich kam gerade an dem Tag ins Saarland als die Gemeinde Karneval feierte. Da ich mich als neuer Pastor gut einführen wollte, blieb mir nichts anderes übrig, als die Narrenkappe aufzusetzen. Mehr noch. Am Nachmittag hatte man ihm offenbart, er müsse dann auch eine Büttenrede halten. „Da habe ich noch schnell ein Gedicht mit allem gemacht, was sich auf ‚Huddel‘ reimt. Das war nicht wenig und originell. Hier ist aber auch alles Huddel, zog er eine Bilanz seines ersten Einsatztages.“ Huddel, ein Begriff des saarländischen Dialekts, steht für Schwierigkeiten bzw. Probleme.

Im Missionshaus zuhause
Ein Schlaganfall markierte im März vorigen Jahres das jähe Ende seiner langjährigen pallottinischen Tätigkeiten im Dienste der Menschen. Es blieb eine halbseitige Lähmung zurück, so dass Pater Wirfler nun auf den Rollstuhl angewiesen ist, aber seine noch gottgewollte Lebenszeit sichtlich zufrieden und nicht ohne Humor auf der Seniorenstation des Limburger Missionshauses verbringt. Mit einem großartigen Gottesdienst hatten die Katholiken der Pfarrei „Heilig Kreuz im Warndt“ ihren Pfarrer am 3. Juni vorigen Jahres verabschiedet und gleichzeitig die Pallottiner insgesamt, die 70 Jahre in Völklingen-Wehrden gewirkt hatten.

Pater Wirflers Bruder Rudolf, genannt Rudi, ist vier Jahre jünger, passionierter Imker, und bewohnt weiter das Elternhaus in Langendernbach. Der langjährige Vorsitzende und jetzige Ehrenvorsitzende des Imkervereins Hadamar-Dornburg hält Kontakt zu seinem im Rollstuhl sitzenden Bruder und unternimmt mit ihm gelegentlich einen Spaziergang. Darauf freut sich Josef besonders.

Text & Bild: Dieter Fluck

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