„Ich säe, wachsen lässt ein anderer“
Der neue Novizenmeister Jak Wasensteiner ist brasilianisch geprägt
Mit 22 Jahren hat Jak Wasensteiner sein Elternhaus im bayerischen Lenggries verlassen. Anfang der 90er-Jahre dann ging der Pallottiner ganz weg aus Deutschland, nach Brasilien. Die 30 Jahre dort haben ihn geprägt. Ab September übernimmt er die Aufgabe des Novizenmeisters der Gemeinschaft in Friedberg.
Novizenmeister? Was ist das eigentlich? Pater Wasensteiner überlegt kurz und meint auf seine bayerische Art: „Mir fällt da gleich der Bäckermeister ein.“ Ums Brötchenbacken geht es bei ihm allerdings nicht, sondern eher darum, die eigene Berufung zu finden, die man sich gerade nicht selber backen kann.
„Ich will junge Männer begleiten, ihren Weg zu realisieren. Und dazu brauchen sie eine Gemeinschaft und ein Klima, das ihnen hilft, eine abgeklärte Entscheidung zu treffen“, sagt der 64-Jährige, der mit 20 Jahren begann, seinen ganz eigenen Weg zu gehen. Er ging weg aus dem Isartal, aus Lenggries, und absolvierte erst mal Zivildienst bei einem Bildungsreisebüro für junge Leute. Dabei lernte er einen Pallottiner kennen, der ihn auf die Idee brachte, selbst ein solcher zu werden.
Zwei Brüder in Brasilien
Dass sein zwei Jahre jüngerer Bruder denselben Pallottiner kennen gelernt hatte und am Ende beide gleichzeitig den Entschluss fassten, ins Noviziat zu gehen, hätten beide erst richtig realisiert, als sie gemeinsam im Auto nach Untermerzbach, dem damaligen Noviziatsort, saßen, wie Jak Wasensteiner lachend erzählt. Erklärend schiebt er hinterher: „Wir haben über solche Sachen daheim wenig gesprochen.“ Später gingen beide Brüder gemeinsam nach Brasilien, das war 1991. Sein Bruder, Sepp Wasensteiner, ist noch dort. Dass Jak Wasensteiner jetzt in Deutschland ist, hat hauptsächlich gesundheitliche Gründe. Daher ist das Amt auf ein Jahr begrenzt. Dann wird neu entschieden.
Dieses Leben von Entscheidung zu Entscheidung kennt Wasensteiner aus Brasilien. „Es geht darum, in allem Gott zu finden“, sagt sein Ordensgründer Vinzenz Pallotti. „Die Wertehierarchie muss stimmen, im Letzten geht es um die Radikalität der Hingabe.“ Die jungen Männer sollen nicht einfach nur „im Ozean schwimmen“. Deshalb sei ihm die Gemeinschaft so wichtig, sagt der Novizenmeister: „Der eigentliche Meister („Formator“) ist die Gemeinschaft, ihr Zeugnis“.
Die kirchlichen Debatten in Deutschland erlebt der Pater eher als „theoretisch und ideologisch“. Zu viel Diskussion zum Beispiel über Kirchenstrukturen könne man sich in Prä-Amazonien nicht leisten, zu viel an innerer Energie würde verpuffen. Alle sind Kirche, oben und unten ist kein gewichtiges Thema.
Kirche als Kraft erfahren
Um dies zu illustrieren erzählt Jak Wasensteiner von einer Bischofsweihe. Über 5000 Menschen hätten sich damals in einer Sporthalle dazu versammelt, 80 Prozent Frauen, auch Politiker und Ehrengäste wie Dom Hélder Camara waren dabei. Da fiel der Strom aus. „Es war plötzlich stockdunkel“. Während der zu weihende Bischof über Mikrofon den Heiligen Geist um Hilfe bat, sprang ein Mann auf, lief nach draußen, kaufte und lieh alle Kerzen, die er kriegen konnte. Nach und nach kam Licht in die Halle zurück, ein familiäres Klima kam auf, weil alle zusammenspielten, das Licht weitergaben – eine große Gemeinschaftsaktion. „Was für eine Power!“, ruft Pater Wasensteiner und wünscht sich, dass die Novizen die Kirche als eine solche Kraft erfahren.
Zwei Jahre dauert das Noviziat. Das erste Jahr findet in Friedberg statt. Das zweite Jahr kann auch an einem anderen Ort sein. Neben gemeinsamen Tagesabläufen, Gebetszeiten und häuslichen Arbeiten geht es um inhaltliche Auseinandersetzung mit Pallotti und Pallottinern, um Spiritualität und um den eigenen Berufungsweg. 2020 beginnen zwei junge Männer das Noviziat.
Improvisieren und die Saat wachsen lassen
Egal ob es nun zwei oder zwanzig junge Männer sind: „Das spielt keine Rolle. Ich will für sie da sein“, sagt der Novizenmeister, der weiß, dass das Wachstum der Kirche sich derzeit auf der südlichen Erdkugel abspielt. Aber wer weiß, wie das in 20 Jahren sein wird? „Ich mache einfach, was momentan dran ist“, sagt er. Perfektionismus sei an der Kirchenbasis Brasiliens eher verpönt, da geht es ums Improvisieren. Wasensteiner sieht seine Aufgabe wie die des Sämanns im Gleichnis des Evangeliums, der die Saat aussät, die dann auf felsigen, dornigen und fruchtbaren Boden fällt. In Deutschland mache man sich zu viel Gedanken über den dornigen und felsigen Untergrund. In Brasilien schaue man mehr auf die Samen, die aufgehen und dann bis hundertfache Frucht bringen.
„Alles was das Leben bringt, ist Material für spirituelles Leben“, sagt der Pater. Deshalb möchte er auch, dass die jungen Männer das soziale Leben in Friedberg und Umgebung kennen lernen. Wohnen wird man im pallottinischen Gästehaus. Die Einrichtung können sie noch mitgestalten und er wird mit ihnen dort leben. Zumindest für ein Jahr. Und Jak Wasensteiner betont: „Ich säe, wachsen lässt ein anderer.“
Bild und Text: Alexander Schweda
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