Pater Bernhard Pieler SAC

- Ein Sprachrohr Gottes

Er hat seine Corona-Infektion im Limburger Missionshaus ohne spürbare Folgen überstanden, sein Unternehmergeist ist ungebrochen. „Ich bereite mich gerade für meine Predigt für das Konventamt am Sonntag vor“, sagte der 90-Jährige am Telefon. Als er zum Ende der Pallottiner-Ära in Kälberau am 7. November 2017 die Schlüssel abgab und ins Missionshaus nach Limburg zurückgerufen wurde, konnte das für den agilen Seelsorger nicht das Ende bedeuten. Knapp ein Jahr später rief er die Reihe „Klangwelten“ ins Leben; eine neue Veranstaltungsreihe, die er mit Rezitationen und musikalischer Begleitung durch den Organisten Frank Sittel in St. Johann Nepomuk im Limburger Stadtteil Linter anbot.

„Nach der Zwangspause durch die Pandemie werden wir im September wieder anfangen“, gibt sich der Seelsorger zuversichtlich. „Alles Geschehen hat seinen besonderen Klang“, sagt Pieler, der den Besuchern sonntagabends eine meditative halbe Stunde anbietet. Der rüstige Pater befürchtet, dass von den zehn Prozent sonntäglicher Gottesdienstbesucher nach der Pandemie nur noch die Hälfte der Sonntagmesse die Treue halten wird. Dennoch ist er sicher, dass Menschen nach geistlicher Orientierung suchen, um zur Ruhe zu kommen und sich auf ihr Leben besinnen zu können.

Menschen Orientierung geben

Beseelt von der Intention des Gründers Vinzenz Pallotti, Anliegen und Nöte der Menschen und der Zeit aus dem christlichen Glauben heraus zu beantworten, beabsichtigt Pater Pieler, im geistlichen Pallottinerzentrum ein weiteres neues Angebot zu verankern. Dort möchte er vier Mal im Jahr sonntagsabends Besucherinnen und Besucher zum Ausklang und Einstieg in die neue Woche spirituell begleiten.

Bernhard Pieler blickt auf jahrzehntelange Erfahrungen als Seelsorger zurück. Zwei Jahrzehnte war er Pfarrer in der Limburger Pfarrei „St. Marien“, ehe er 2005 im Alter von 75 Jahren im Wallfahrtsort Kälberau, einem Stadtteil im unterfränkischen Alzenau, eine neue Tätigkeit übernahm. Sein Wirken in St. Marien hat deutlich Spuren hinterlassen. In seine Zeit als Gemeindepfarrer fiel der Neubau des kirchlichen Gemeindezentrums „St. Vinzenz Pallotti“ mit dem Kirchenraum in der Wohnstadt Blumenrod. Er hat gemeinsam mit dem bereits verstorbenen Heribert Klein die noch heute aktuelle Vortragsreihe „Zeitzeichen“ und die kirchenmusikalischen Veranstaltungen „Orgel Plus“ ins Leben gerufen. Später initiierte er die „Kälberauer Gespräche“.

„Mir ist daran gelegen, mit breit gefächerten Themen unserer Zeit den Menschen Orientierung zu geben“, sagt der selten rüstige Senior, der ein begnadeter Rhetoriker und Prediger ist. Bei alledem bleibt Pieler bescheiden, wenn er sagt: „Ich fühle mich als Rückkehrer, bin dankbar, was ich geleistet habe und genieße das, was mir jetzt gegeben ist.“

Die Welt – eine Bühne

Die Wiege von Bernhard Pieler stand 1930 in der oberschlesischen Industriestadt Hindenburg, die seit 1945 zu Polen gehört und heute Zabrze heißt. „Ich bin aufgewachsen zwischen Kohlehalden, Fördertürmen und Eisenhütten“, berichtet der Sohn eines städtischen Beamten und seiner Mutter, die Hausfrau war. „Am 21. Januar 1945 flüchteten wir – meine Mutter und meine jüngere Schwester – mit dem vorletzten Zug vor den Russen. Der Vater blieb zurück. Es ging alles so schnell, wir haben uns nicht mal von ihm verabschieden können. Nach fünf Tagen und fünf Nächten kamen wir in Dresden an. Vater wurde nach Taschkent verschleppt und ist dort in einem Lager verstorben.“

In Freiburg/Sachsen hat die Familie den Zusammenbruch des Deutschen Reiches erlebt und ist zum Bruder des Vaters in eine Ortschaft zwischen Halle und Leipzig gezogen. Bernhard hat dort auf dem Bau erarbeitet. „Ich wollte Laborant werden und landete im Versuchslabor der Leunawerke“, erzählt er. Durch die Jugendarbeit in der Pfarrei und einen Priester der Diözese Paderborn entdeckte er sein Interesse für den Priesterberuf. Der Geistliche kannte die Pallottiner. Auf seine Empfehlung hatte Pieler sich für das Bischof-Vieter-Kolleg in Limburg beworben und reiste Mitte Oktober 1947 über die Zonengrenze an die Lahn.

„Am 19. März 1952 habe ich an der Tilemannschule mein Abitur gemacht.“ Pieler berichtet von seinen früheren Lehrern, dem Kunstlehrer Adam Wolf und seinem Deutschlehrer Dr. Heinz Böhlen, dem Gründer und Leiter der Theaterspielschar, „der wollte, dass ich Regisseur werde“. – „Das erste, was wir aufgeführt haben, war das „Mysterienspiel“ von Leo Weismantel in der Unterkirche der Pallottiner. Wir haben zu Karneval Sketche gespielt, zum Beispiel ‚Kamelle, Kamelle‘“, erinnert sich Pater Pieler, der über ein unglaubliches Gedächtnis mit präzisen Daten verfügt und sagt: „Das Schauspiel hat mir Spaß gemacht. Ich stand gerne auf der Bühne.“ Auf seinen späteren Priesterberuf angesprochen, meint Pieler: „Auch die Liturgie ist ein heiliges Spiel.“

Vom Religionslehrer zum Redakteur bei Radio Vatikan

Er habe die Pallottiner kennen und schätzen gelernt. Das habe seine Einstellung, Priester zu werden, gefestigt, sagt er, der mit einem Studium in Vallendar die erforderliche theologisch-philosophische Ausbildung erhielt und 1954 sein erstes Ordensgelübde ablegte. Sein erster Einsatz nach der Priesterweihe 1958 führte ihn nach Kassel, wo er als Religionslehrer Pater Leo Hug ablöste, der in Limburg Rektor der Norddeutschen Pallottinerprovinz wurde. „Ich habe an fünf Realschulen, an der Berufsschule und in den Henschel-Werken unterrichtet sowie ein Jahr in der Abiturklasse des Gymnasiums. Da kamen in der Woche 32 Stunden zusammen; daneben war ich als Seelsorger tätig.“

Von dort wechselte Pieler für knapp 20 Jahre in die Jugendbildungsstätte „Haus Wasserburg“ in Vallendar-Schönstatt, die er in den letzten 15 Jahren leitete. Es folgten fünf Jahre in die City-Seelsorge in Wiesbaden, bevor er 1986 seinen langjährigen Dienst in der Limburger Pfarrei St. Marien begann. Pieler war fast ebenso lange Präses der Limburger Kolpingfamilie; auch in der Polizei- und Militärseelsorge hat er schon mitgearbeitet. „Mit Bischof Franz Kamphaus, das war eine tolle Zeit, der hat uns gefördert und Freiheit gelassen. Er hat mein pastorales Konzept angenommen und begleitet“, schwärmt Pieler noch heute von dem Limburger Altbischof.

Auch außerhalb pfarrlicher Tätigkeiten hat sich der rührige, flexible Geistliche als Sprachrohr Gottes einen Namen gemacht. Sechs Mal sprach er in den 1980-er Jahren samstagsabends in der ARD vor Millionen Zuschauern das Wort zum Sonntag. Des Öfteren begleitete er die Hörer des Südwestfunks, des Saarländischen Rundfunks und des Deutschlandfunks mit dem „Wort zum Tag“. Zweimal hat er die im SWR übertragene Mitternachtsmesse zu Weihnachten aus der Wallfahrtskirche in Schönstatt geleitet. Er arbeitete in der deutschen Redaktion von Radio Vatikan mit, wo er kurzzeitig den Redaktionsleiter vertrat. Der umtriebige Klostermann erinnert sich: „Das war eine hochinteressante Zeit, aber es war mir dort zu eng.“

„Ich habe den Salzburg-Virus“

Und was sind seine Hobbys? „Früher habe ich gezaubert, bin unter anderem bei den Senioren aufgetreten. Heute interessiert mich das kulturelle Leben.“ Er höre gerne Musik, zum Beispiel Mozart, und fahre vornehmlich nach Österreich in den Urlaub. „Ich habe den Salzburg-Virus“, sagt der 90-Jährige und nennt die Gründe: „Ich habe dort Natur, Kultur, die Theologie – alles was ich brauche.“

Regelmäßiger Gast ist Pieler bei den dortigen Hochschulwochen, eine jährlich stattfindende Sommeruniversität, in denen die Uni Theologie gemeinsam mit allen anderen Wissenschaften zu grundsätzlichen wie aktuellen Fragestellungen und Problemen unserer Zeit aufgreift und in Vorträgen und Arbeitsgruppen beleuchtet.

Foto und Bericht: Dieter Fluck

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