Pater August Grezinger SAC
Vom Dorfjungen zum Allroundseelsorger
Ein Urgestein im Missionshaus der Limburger Pallottiner ist Pater August Grezinger. Er stammt aus dem oberschwäbischen Warthausen. Der 87-Jährige erinnert sich: „In dem 900-Seelen-Dorf war ich Messdiener, habe für eine Bäckerei Brot ausgefahren und in der Landwirtschaft Kühe gehütet. Unvergessen bleibt für mich der Tag als mein Vater in den Krieg ziehen musste, bleiben die Bombeneinschläge in der Nähe unseres Dorfes, wo ich als Zwölfjähriger in einem Graben verschüttet lag, und der Einmarsch marokkanischer und französischer Besatzungstruppen.“
Eine wichtige Person im Leben des jungen August war Sophie Schmieg, seine Volksschullehrerin, die ihn als Spross einer bildungsfernen Familie (sein Vater war Brauereiarbeiter) 1943 aufs Gymnasium nach Biberach schickte. Schon als Junge spielte er mit dem Gedanken, Priester zu werden und kam später mit einem Pallottinerpater in Kontakt, der ihm den Besuch von Internat und Gymnasium der Pallottiner in Vallender-Schönstatt bei Koblenz vorschlug.
Mit 13 Jahren: Reise durch ein zerstörtes Land
Entgegen dem Rat seiner Eltern, in dem damals zerbombten und hungernden Deutschland eine so weite Reise in eine unbekannte Zukunft zu unternehmen, fuhr der erst 13-jährige August mit zwei weiteren Jungen in einer dramatischen Fahrt ins Rheinland. „Hungrig und müde angekommen, taten uns Suppe und Brot an der Schönstätter Pforte gut. Und dann das: Da wir nicht angemeldet waren und dort im laufenden Schuljahr nicht den gesamten Stoff nachholen konnten, sollten wir nach Hause zurückkehren und ein Vierteljahr später wiederkommen.
Wir waren maßlos enttäuscht, so dass wir nach Limburg geschickt wurden. Als erstes fragten wir ‚wo liegt das denn?‘ Die Schönstätter hatten gehört, dort solle eine Schule für Spätberufene und Schüler eingerichtet werden, deren Schulzeit durch den Krieg unterbrochen wurde“, erinnert sich Grezinger und erzählt: „Zwischen Koblenz und Limburg waren Brücken gesprengt. Mit unserem Gepäck auf zwei Schlitten kamen wir über den Westerwald nach Limburg. Am Tag nach unserer Ankunft war Schulbeginn in dem später nach Bischof Vieter benannten Pallottiner-Kolleg.“ Um das staatliche Abitur machen zu können, besuchte Grezinger von 1949 bis 1952 noch das Humanistische Gymnasium, die heutige Tilemannschule, wo er 1952 das Abitur ablegte.
Im neuen Jahr 2021 ist es 63 Jahre her, da August Grezinger in Vallendar durch den damaligen Bischof von Danzig, Carl Maria Splett zum Priester geweiht wurde. Noch länger, nämlich 68 Jahre, ist er bereits Pallottiner: zunächst als Novize, legte er am 25. April 1954 seine Profess, das Versprechen der Gemeinschaft, ab. „Dass mein Wunsch, Priester zu werden, manchmal mehr als nur schwankte und ich auch Freundinnen hatte, sei nur nebenbei erwähnt“, räumt der 87-Jährige ein.
Engagement für eine solidarische Welt
Das lange Priesterleben des Pallottinerpaters war alles andere als ein nach innen gekehrtes Dasein hinter Klostermauern. Der Jubilar hatte so viele Funktionen inne, dass er als ein Allroundseelsorger Gottes bezeichnet werden kann. Seine ersten Dienste versah er von 1959 bis 1962 als Kaplan in der Pfarrei „St. Marien“ in Limburg. Sein Wunsch, als Seelsorger des Missionshauses zu den „Indianern“ nach Kanada zu gehen, sollte sich nie erfüllen. Stattdessen war er berufen, die Bewegung junger christlicher Arbeitnehmer aufzubauen. Er wurde Diözesankaplan der Christlichen Arbeiter-Clubs (CAC) und der Christlichen Arbeiter-Jugend (CAJ), hat junge Arbeitnehmer motiviert und geschult, sich betriebspolitisch – vor allem in großen Betrieben des Rhein-Main-Gebietes – zu engagieren.
Im November 1968 wechselte der Priester in das Diözesansynodalamt. Dort war er bis Juni 1977 als Referent für die theologische und spirituelle Weiterbildung der synodalen Gremien des Bistums verantwortlich. Er bereitete neu gewählte Pfarrgemeinderäte auf ihre künftige Arbeit vor. Daneben war er von 1969 bis 1972 Präses des Bundes katholischer Männer und Frauen in Deutschland, ab 1972 zugleich nebenamtlich und von Juli 1977 bis 1995 hauptamtlicher Leiter des Referats Weltkirche. Bischof Wilhelm Kempf übertrug Grezinger die Verantwortung für Mission, Entwicklung und Frieden.
Bis Mai 1995 nahm er diese Aufgabe als „Diözesandirektor der päpstlichen und bischöflichen Missionswerke“ wahr. Über Jahrzehnte pflegte er einen intensiven Kontakt zu den aus dem Bistum Limburg stammenden Missionaren in aller Welt und nahm sich Zeit mit ihnen, wenn sie auf Heimaturlaub viel zu erzählen hatten, auch über ihre Ängste und Sorgen.
Grezinger hat Partnerschaften initiiert, zum Beispiel mit der Diözese Ndola in Sambia, auf den Philippinen und in Kamerun. Von 1977 bis 1982 war er zudem Referent für Camping- und Freizeitseelsorge des Bistums, hat viele Jahre als Schiffsgeistlicher Kreuzfahrten begleitet und so manche Prominente kennengelernt, mit ihnen oft langjährige Kontakte gepflegt. In seinem Arbeitszimmer hängt ein Foto von Cindy & Bert. Das Sängerpaar und Cindys Mutter hat er beim 90. Geburtstag zu Hause besucht. Wer Pater Grezinger auf seine Zeit als „Kreuzfahrer“ anspricht, erfährt eine Anekdote nach der anderen.
Von 1993 bis 2005 war er Missionssekretär der Norddeutschen Pallottinerprovinz in Limburg. Der gestandene Gottesmann sagte einmal: „Vom Geldgeber bin ich zum Bettler geworden, um die Projekte der Missionare vor Ort unterstützen zu können.“ Sieben Jahre bis 2000 war er Mitglied des Rates des pallottinischen Generalmissionssekretariats in Rom.
Immer nahe bei den Menschen
Auch wenn ihm heute das Laufen große Probleme bereitet, ist Grezinger immer noch im Geiste des Ordensgründers Vinzenz Pallotti tätig. Zwar kann der kontaktfreudige Oberschwabe seinen 1978 erhaltenen Seelsorgeauftrag für die im Hotel- und Gaststättengewerbe beschäftigten Personen im Bistum Limburg nicht mehr wie in all den Jahrzehnten wahrnehmen, steht aber mit vielen wie auch ungezählten Ehepaaren in Verbindung, die er getraut und deren Kinder er getauft hat. Immer nahe bei den Menschen ist Grezinger für seine Meinung bekannt, die er unverblümt mit kräftiger Stimme strack heraus sagt.
Über 400 Menschen zählt Grezinger zu seinen Freunden und Wegbegleitern. Viele kennt er seit mehr als einem halben Jahrhundert, darunter zahlreiche Wohltäter, denen er Geburtstagsgrüße sendet und jeweils nach Weihnachten mit einem Rundbrief Verbindung hält. Sie sind einem Mann dankbar, der ein Leben lang auf so vielen Feldern der Seelsorge segensreich gearbeitet hat.
Text und Bild: Dieter Fluck
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