„Aber es wurde mein Traum“

P. Heribert Heuel wirkt seit 31 Jahren in Neunkirchen an der Saar

Das war ihm in die Wiege gelegt. Immer jugendlich auszusehen und immer ein Herz für die Jugend zu haben. „Ja, ich kann es mit jungen Leuten. Da hatte ich nie Probleme.“ sagt P. Heribert Heuel, „geistlicher Direktor“ am Pallotti-Haus in Neunkirchen im Saarland. Der anspruchsvolle Titel hat seine Geschichte.

Die Einrichtung ist in den späten 1950er Jahren entstanden. Damals hatten die Pallottiner die Idee, im Saarland ein geistliches Zentrum zu gründen und erwarben deshalb in Neunkirchen Grund und Boden. Die Patres begannen zwar mit Schulendtagen und Exerzitien, aber es kam dann doch anders. Dem damaligen Kultusminister Werner Scherer war es ein Herzensanliegen, ein Haus für Jungen mit geistiger Behinderung zu bauen und für deren Betreuung die Pallottiner zu gewinnen. Die Chemie mit P. Peter Hendricks (1925 – 2004) stimmte und aus kleinen Anfängen entwickelte sich ein über das Saarland hinaus geschätztes und beachtetes Zentrum für Erziehungshilfe für Kinder mit seelischen und schulischen Problemen.

Seit 1988 gehört auch die Pallotti-Schule für soziale Entwicklung zum Pallotti-Haus. Heim und Schule – ihr Titel lautet heute „Förderschule für sozial-emotionale Entwicklung“ – leisten gemeinsam ihre pädagogische Arbeit und ziehen an einem Strang. Die Einrichtung betreut über 200 Kinder in stationären, teilstationären und ambulanten Maßnahmen. Die Kinder leiden unter Verhaltensproblemen, die z. T. in den Erlebnissen der frühen Kindheit begründet sind. Da wird schon ein „Versagen“ im Kindergarten und in der Grundschule festgestellt. Und die Jugendämter klopfen beim Pallotti-Haus an. „Wir nehmen auch ganz schwierige Kinder!“ Darauf legt P. Heuel wert. Er war 26 Jahre Direktor des Hauses. Und das mit viel Engagement.

 

Geboren im Sauerland war er Pallottiner geworden und studierte nach seiner Priesterweihe 1962 Latein und Französisch in Köln, Grenoble und Paris. Auf Anweisung des Provinzials beendete er seine Lehrtätigkeit, die er in Paris begonnen hatte, und ging 1972 an seinen Bestimmungsort: das Vinzenz-Pallotti-Kolleg in Rheinbach.

Die Arbeit in der Schule machte ihm Spaß, aber erfüllte ihn nicht vollends. So wirkte er nebenbei zwei Jahre in der Gefängnisseelsorge und zwei Jahre in der Militärseelsorge. Das machte ihn an Erfahrungen und an Beziehungen reicher. Und förderte seine Erkenntnis, dass er mit einem Psychologie-Studium die Seelsorge und die Arbeit in der Schule verbessern könnte. Also studierte er nebenbei in Bonn und arbeitete dort, nachdem es am Pallotti-Kolleg mit der Schul-Psychologie nicht so klappen wollte, wie er sich das vorgestellt hatte, immer am Samstag in der Familien- und Eheberatung. Dieser reiche Erfahrungsschatz sollte ihm und der Gemeinschaft 1986 zugutekommen.

 

Das Pallotti-Haus in Neunkirchen war wirtschaftlich und administrativ in eine Krise geraten. Der Provinzial bat P. Heuel, für zwei Jahre in das Saarland zu gehen, um zu sondieren, wie die Einrichtung weitergeführt oder beendet werden könne. „Ich habe meine Aufgaben in Rheinbach allesamt sehr geliebt. Das hier war nicht mein Traum“, sagt P. Heuel, „aber es wurde mein Traum!“

Rasch hatte ein Gespür für die Kinder und die Betreuer. Und er entwickelte mit Hilfe seiner vielen Kontakte aus Rheinbach und Bonn Ideen für eine zeitgemäße Arbeit einer solchen Jugendhilfe-Einrichtung. Das Saarland und das Bistum Trier überstützten den agilen, wortgewandten Pater, der penetrant an die Tür klopfen kann, wenn es um die Anliegen „seiner“ Kinder geht.

Hier erinnert P. Heuel an Vinzenz Pallotti und dessen Apostolatsauftrag und fügt noch die Ermutigungen von Papst Franziskus an. Bei den Kindern gehe es um „die Armen“, für die Kirche da zu sein habe. Darum war ihm weder die Lobby-Arbeit noch der täglich anfallende Dienst je zu viel. 1998 übernahm das Pallotti-Haus eine vergleichbare Einrichtung in Taben-Rodt nahe Saarburg-Rheinland-Pfalz. Die Karmelitinnen der Propstey St. Josef waren glücklich, ihr 1932 gegründetes Werk in die Hände der Pallottiner übergeben zu können.

Damit hatte P. Heuel jetzt Verantwortung für 300 Kinder und ebenso viele Pädagogen, Psychologen, Lehrerinnen und Lehrer.

2012 übergaben die Pallottiner das Pallotti-Haus an die Marienhausstiftung, eine Stiftung der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, mit der die Gemeinschaft auch in Vallendar zusammenwirkt. Die Marienhausstiftung hat neben Neunkirchen und Taben-Rodt noch drei weitere Jugendhilfeeinrichtungen. P. Heuel ist im Beirat all dieser Häuser. In denen, die er selbst als Direktor leitete, wirkt er jetzt als „geistlicher Direktor“, das heißt, als Spiritual, Seelsorger, Ansprechpartner in Sachen Herz und Seele. Er feiert Gottesdienste, gestaltet in der Advents- und Fastenzeit „Spätschichten“, ist einfach da, wenn Große und Kleine ihn sprechen wollen. Gerne hat er früher „politisch“ gestaltet, organisiert, immer im Geiste Pallottis; jetzt macht ihm auch „das rein priesterliche Tun sehr viel Spaß“. Und das nicht allein in Neunkirchen und Taben-Rodt.

Ohne entsprechende Ausbildung, einfach aus seinem Glauben und seiner Erfahrung heraus gibt P. Heuel mindestens fünf Mal im Jahr Exerzitienkurse. Ein Kurs findet stets bei den Benediktinerinnen in Steinfeld in der Eifel statt. Drei Kurse im Foyer de Charité in La Flatière. In Grenoble lernte P. Heuel die Spiritualität und die Arbeit der Foyers kennen und war begeistert. Tief angesprochen ist er vom Geist der Gründerin Marthe Robin, eine der bedeutendsten französischen Mystikerinnen des 20. Jahrhunderts. Spätestens hier spürt man, dass P. Heuel bei allem modernen Outfit und Denken über und mit den Menschen ein Priester der alten Schule ist. Die tägliche Eucharistiefeier ist ihm wichtig, auch der Rosenkranz und die Stille vor Gott. Dieses Gerüst trug sicherlich bei zu seiner Vitalität – nicht zu vergessen der allmorgendliche Waldlauf.

Doch zurück ins Pallotti-Haus. P. Heuel war und ist dort nicht allein zuständig für das Geistliche. Pastoralreferentin Angela Speis hatte an der Pallottiner-Hochschule in Vallendar studiert. Von dort holte er sie nach Neunkichen. Sie kann es gut mit den Kindern und den Erwachsenen der Einrichtung und mit P. Heuel. Gemeinsam gestalten sie Gottesdienste. Er unterstützt ihre Aktivitäten in der Förderschule. So ist Frau Speis stolz, dass eine Wohngruppe des Pallotti-Hauses einen Schulwettbewerb zum Lutherjahr gewonnen hat. Das gab immerhin 1500 Euro. Man sollte ein Brettspiel über das Leben und Wirken des Reformators entwickeln. Das prämierte Spiel ist derzeit im Deutschen Spielzeugmuseum in Chemnitz zu bewundern. Stolz ist man in Neunkirchen auch auf die Teilnahme an der Aktion „Trialog der Kulturen“. Auch bereiten sich die Kinder vor auf den von Mats Hummels betreuten „Lauf für Unicef“. Die eine Hälfte des Erlöses geht an Kinder in Flüchtlingslagern, die andere bleibt dem Pallotti-Haus.

Bleibt die Frage an P. Heuel, wie lange er das alles noch machen will. Denkt er nie an Ruhestand? Immerhin hat er im März mit viel Glanz, Dank und Anerkennung seinen 80. Geburtstag gefeiert. P. Heuel lacht und sagt: „Frag das mal den Papst. Der ist einen Monat älter als ich!“

Der größte Schatz eines Volkes sind seine Kinder – sie versprechen Zukunft. Ihr Geheimnis zu erschließen und sie zu fördern, macht auch jene, die schon groß sind, reicher. – Heribert Heuel

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