Bruchsal benennt Straße nach Pater Franz Reinisch

Straßenschild soll an Widerstandskämpfer erinnern

Der Stadtrat von Bruchsal hat einstimmig beschlossen, dass eine Straße – ganz in der Nähe der Pallottiner-Niederlassung und des Gymnasiums St. Paulusheim – den Namen von Pater Franz Reinisch tragen soll.

Deshalb fand am 19. Juli 2019 das Einweihungsfest statt. Pater Waldemar Janzer rief in seiner Ansprache dazu auf, sich auch heute rechtzeitig gegen rechte Strömungen zur Wehr zu setzen. Oberbürgermeisterin Cornelia Petzold-Schick brachte ihre Hoffnung zum Ausdruck, dass Pater Reinisch, der seinem Gewissen treu geblieben ist, den Gymnasiastinnen und Gymnasiasten als Vorbild dienen kann. Für die Provinzleitung nahm Pater Alexander Holzbach an der Feier teil, der auch die Einweihungszeremonie vornahm.

Die Schülerin Marie Krempel des Gymnasiums St. Paulusheim machte in ihrer Ansprache deutlich, was die jüngere Generation über Pater Reinisch und die Straßenbenennung denkt:

„Wir Schüler kamen zum ersten Mal durch eine Reihe von Veranstaltungen in der Schule mit Pater Franz Reinisch in Berührung. So fand zum Beispiel im November letzten Jahres ein Vortrag von Pater Adalbert sowie ein Musical über das Leben von Pater Reinisch statt, woran viele Schüler interessiert teilnahmen. Des Weiteren haben wir im Unterricht einen Film über sein Leben angeschaut und dann anschließend mit den Lehrern vor allem über seine Entscheidung, den Eid auf Hitler zu verweigern, gesprochen. Auch die Tafeln im Atrium vor der Mensa sollen uns Schüler an Reinisch und auch an das, was er getan und erreicht hat, erinnern.

Täglich in denselben Räumen
Trotz der vielen Begegnungen durch Filme und zahlreiche Veranstaltungen ist vielen Schülern oft gar nicht bewusst, dass wir uns täglich in denselben Räumen befinden, in denen Reinisch damals gelebt hat. Reinisch kam im November 1936 nach Bruchsal ins St. Paulusheim der Pallottiner, wo er religiöse Wochen und Feiertage sowie zahlreiche Predigten hielt, in denen er auch ganz klar seine Haltung bezüglich Hitler deutlich machte. Die Patres beeindruckte er vor allem durch seine Tapferkeit, da er ihnen riet, nicht zu fliehen, als das St. Paulusheim von der Gestapo ins Visier genommen wurde.

Reinisch war ein witziger Zeitgenosse
Viele von uns verbinden mit Reinisch womöglich einen eher älteren Herrn, der von morgens bis abends nur gebetet oder Predigten gehalten hat. Doch das ist eine völlig falsche Vorstellung. Alt war Reinisch ganz und gar nicht. Als er starb, war er erst Ende 30. Er hat auch nicht nur den ganzen Tag gebetet, sondern war Mitglied von Studentenverbindungen, spielte leidenschaftlich gern Klavier, legte außerdem viel Wert auf sein Äußeres und tat auch nur das Nötigste, um seine Versetzung nicht zu gefährden. Reinisch hatte in seiner Jugend auch Freundinnen und rauchte sehr viel. Anfangs dachte er überhaupt nicht daran, Priester zu werden, sondern traf diese Entscheidung erst im Juli 1923. Auch als er Priester war, galt er als sehr angenehmer und auch witziger Zeitgenosse. Man könnte also durchaus sagen, dass Reinisch genau so war, wie wir Schüler uns einen Schulseelsorger vorstellen würden beziehungsweise wünschen.

Reinisch hat gezeigt, wie man Entscheidungen prüfen kann
Dass die Entscheidung Reinischs, den Eid auf Hitler zu verweigern, sehr mutig und auch gewagt war, steht außer Frage. Doch welche Bedeutung hat diese Entscheidung noch für die heutige Zeit und was können wir daraus lernen? Reinisch kann uns in täglichen Entscheidungs- und Konfliktsituationen, aus denen wir aufgrund der Vielzahl an unterschiedlichen Meinungen oftmals keinen Ausweg sehen, als Vorbild dienen. Er dient uns quasi als Wegweiser und vor allem im Christentum als Orientierung, da er uns vor Augen geführt hat, wie man eine Entscheidung prüfen kann, indem man auf sein Gewissen vertraut und daran glaubt, dass einem von Gott ein gewisser Weg vorbestimmt sei und sie letztlich auch durch den Strom von Andersdenkenden durchtragen kann. Vor allem für junge Leute kann er eine Vorbildfunktion erfüllen, da in Zeiten von Populismus und Nationalismus Leute gebraucht werden, die nicht mit dem Strom schwimmen.

Weg erinnert an seine mutige Entscheidung
Die Einweihung des Pater-Franz-Reinisch-Weges ist für uns alle heute ein denkwürdiges und bewegendes Ereignis. Auch wenn es sich dabei nur um ein äußeres Zeugnis handelt, werden wir dennoch an ihn und an seine mutige Entscheidung erinnert, den Eid auf Hitler zu verweigern.“

Rede: Marie Krempel, Schülerin Gymnasium St. Paulusheim
Bilder: Markus Zepp, Schulleiter Gymnasium St. Paulusheim

Pater Alexander Holzbach segnet das neue Wegschild

Kirchengemeinden müssen sich auch heute mit rechten Tendenzen auseinandersetzen

Rechtspopulistische Tendenzen machen auch vor Kirchenpforten nicht halt. Das gilt für die Zeit von Pater Franz Reinisch, das gilt aber auch für heute. Viele Bistümer ringen daher um Lösungen, wie sie mit Rechtspopulismus in den eigenen Reihen umgehen sollen, wenn Ehrenamtliche beschimpft oder bedroht werden, weil sie sich in der Flüchtlingsarbeit engagieren. Einige Mitchristen halten mit Vorurteilen gegenüber Flüchtlingen und nationalem Gedankengut nicht hinter dem Berg.

Die Juristin und Publizistin Liane Bednarz hat darüber hinaus festgestellt, dass die neue deutsche Rechte sehr bewusst christlich auftritt; das sei eine Strategie, um in bürgerliche Kreise vorzudringen zu können.

Das Erstarken neuer rechter und populistischer Bewegungen erfordert, dass sich auch Christinnen und Christen aktiv und vor Ort für Demokratie und Menschenwürde einsetzen. Mit dem „Kompetenzzentrum Demokratie und Menschenwürde“ in Freising und Nürnberg stellen sich beispielsweise die bayerischen Bistümer dieser Verantwortung. Es tritt rechtsextremen, rassistischen und menschenverachtenden Tendenzen durch Bildungs- und Vernetzungsarbeit entschieden entgegen und stärkt Einzelne, Pfarrgemeinden, Verbände oder Einrichtungen in dieser Auseinandersetzung.

Zudem hat jetzt auch die katholische Kirche eine Handreichung veröffentlicht: Dem Populismus widerstehen – Arbeitshilfe zum kirchlichen Umgang mit rechtspopulistischen Tendenzen.

„Wir wollen verstehen. Aber Verstehen heißt nicht automatisch Verständnis. Wir können kein Verständnis zeigen für eine Politik auf dem Rücken unschuldiger Opfer. Manchmal behaupten Populisten, dass ihre Positionen mit kirchlichen Positionen übereinstimmen – etwa mit Blick auf den Lebensschutz, die Achtung der Familie, die Bedeutung des Christentums in unserer Gesellschaft oder die Wertschätzung von Heimat. Doch der Schein trügt: Wir stimmen nicht überein.“
(aus: Dem Populismus widerstehen, Deutsche Bischofskonferenz, Arbeitshilfe Nr. 305).

Feier zur Wegeinweihung im Gymnasium St. Paulusheim
Pater Waldemar Janzer SAC
Auf dem Weg zur Einweihung des Pater-Franz-Reinisch-Weges
Der neue Pater-Franz-Reinisch-Weg in Bruchsal wird eingeweiht

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