Bruder Willi Funken SAC

In seinem Zimmer hängt sein Hochzeitsbild

Wer sich für ein Leben im Kloster entscheidet, verzichtet auf die Ehe und schließt stattdessen einen Bund mit Gott. Für Pallottinerbruder Willi Funken war beides möglich. Nach dem Tod seiner Ehefrau hat der siebenfache Vater im Rentenalter ein neues Leben begonnen und das Versprechen abgelegt, künftig in Armut, eheloser Keuschheit und Gehorsam zu leben. Heute blickt der 94-Jährige in Limburg auf eine bewegte Vita zurück, die ihresgleichen sucht.

Geboren in Köln und aufgewachsen mit fünf weiteren Geschwistern in Sankt Tönis bei Krefeld, erlernte Willi nach dem Schulbesuch in einer Weberei den Beruf des Textilmaschinenführers. „Ich hatte mir damals vorgenommen, sobald nicht zu heiraten, als ein Jahr später die Auguste in unserer Firma mit der gleichen Lehre begann“, erinnert sich der Senior. Doch dann hatte es bei dem jungen Weber gefunkt: „Ich sah sie und hab‘ meinen Vorsatz aufgegeben. Ich hab mir gedacht, wenn du jemals heiratest, dann die.“ In seiner kleinen Wohnung im Limburger Missionshaus hält er mit einem gerahmten Hochzeitsfoto die Erinnerung wach.

Tellerminen einsammeln

Der Zweite Weltkrieg führte Willi Funken unter anderem nach Belgien und Italien. Dort war er in Triest auf der Funkstation der Marine zum Funker ausgebildet worden. Seine Aufgabe bestand hauptsächlich im Entschlüsseln von Nachrichten. In englischer Gefangenschaft in Dänemark hatten er und Mitgefangene die Aufgabe, die von Deutschen gelegten Tellerminen einzusammeln, um sie zu vernichten. „Ein gefährlicher Job“, wie Ex-Funker Funken betont. Noch heute stellt er erleichtert fest: „Es war alles gutgegangen.“ Seine Eltern führten nach Kriegsende in St. Tönis ein Lebensmittelgeschäft: „Als meine Mutter mich heimkommen sah, fiel sie fast in Ohnmacht.“

Sieben Kinder gingen aus Willis 1949 geschlossenen Ehe mit Auguste hervor, die schon 1981 verstarb. Für Willi Funken, der mit 58 Jahren als Weber in den Ruhestand ging, stand nun fest, dass er nicht noch einmal heiraten werde. Seine Frau hatte eine Cousine, deren Sohn in der Gemeinschaft der Pallottiner lebte und in Vallendar Hausrektor war. „Wenn Not am Mann war, fragte er mich, ob ich kommen könne. Mal half ich im Refektorium, dem Speisesaal des Klosters aus, ein andermal an der Pforte“, erinnert sich Funken, der sagt: „Die Pallottiner wirkten irgendwie ansteckend: da hab ich mich entschlossen, bei ihnen einzutreten.“

Mit 64 zur ersten Profess

Doch das war nicht ganz einfach. „Ältere Bewerber mit festen Lebensstrukturen haben in der Regel wenig Chancen“, erklärt Pater Leo Wisznewsky, bis vor kurzem Rektor des Limburger Missionshauses. Willi Funken hatte seinen Herzenswunsch dem damaligen Provinzial Pater Karl Heinen vorgetragen, der seinen Entschluss befürwortete. Dass ein Anwärter mit 64 Jahren seine erste Profess, also das Ordensgelübde, ablege, das sei schon eine ganz große Ausnahme, sagt Pater Leo. Für Willi Funken war es der einzig richtige Weg, wie sich später bestätigen sollte.

Zum Diakon geweiht

Was nach einem geruhsamen Rentnerdasein eines Single hinter Klostermauern aussah, entpuppte sich schon bald als Beginn eines zweiten Berufslebens; denn Bruder Willi erfüllte sich den Wunsch, zum Ständigen Diakon geweiht zu werden und wurde 1990 zum Kleriker. Sein Einsatzort war fortan die Christ-König-Gemeinde in Winkhausen, einem Stadtteil von Mülheim an der Ruhr. Vier Pfarrer kamen und gingen, Bruder Willi war 24 Jahre immer da und über Gemeindegrenzen hinweg zu einer Institution geworden. Als Diakon taufte er Kinder, traute Eheleute, beerdigte Verstorbene, betreute Kommunionkinder und Jugendliche, stand Menschen mit Kummer und Sorgen als Vertrauter bei und pflegte die ökumenische Zusammenarbeit mit der evangelischen Nachbargemeinde.

Pater Leo Wisznewsky, der einige Jahre in der Christ-König-Gemeinde als Pfarrer wirkte und den unermüdlichen Senior im Mai 2014 nach Limburg holte, sagt zu dem jetzt 94-Jährigen: „Der Willi war immer so der Onkel in den Familien, die ihn nur ungern gehen ließen und ihm zum Abschied eine Geldspende für einen neuen Fernseher überreichten.“ In Mülheim habe er auch die Aufgaben eines Sekretärs übernommen und sich als sparsamer Ökonom erwiesen. Diese Qualitäten spiegeln sich in dem Dankschreiben Funkens an „seine“ Gemeinde wieder, der er „zur freundlichen Kenntnisnahme eine Kopie der Rechnung über den Erwerb des Fernsehers“ beifügte und bemerkte: „…es ist sogar noch etwas übrig geblieben.“

Auf die 100 abonniert

In seinem Wohnzimmer lehnt er sich heute zufrieden im Sessel zurück und sagt voll Dankbarkeit: „In Mülheim hatte ich viele Bekannte und Freunde.“ Mitunter blitzt sein Humor hervor, wenn er zum Beispiel mit spitzbübischem Grinsen verrät: „Früher hab ich immer gesagt, dass ich auf die 90 abonniert bin. Heute hab ich mich auf die Hundert gesteigert.“ Beim täglichen 11 Uhr-Gottesdienst im Missionshaus ist Bruder Willi jedenfalls mit seiner rollenden Gehhilfe immer dabei.

Freilich bekommt er im Kloster hin und wieder Besuch; denn sechs seiner Kinder leben noch; auch vier Enkel zählen zum Nachwuchs. Tochter Brigitte hatte sich bereits vor ihrem Vater für das Klosterleben entschieden, trat als Schwester Seniora Birgitta in den Orden der Karmelitinnen ein und lebt im bayerischen Wemding. Dabei handelt es sich um den im 15. Jahrhundert gegründeten weiblichen Zweig eines Brüderordens, der zu Beginn des 13. Jahrhunderts auf dem Berg Karmel oberhalb von Haifa im heutigen Staat Israel entstanden ist und durch das Wirken der heiligen Teresa von Ávila und des heiligen Johannes vom Kreuz eine charakteristische Prägung bekommen hat.

Bild und Text: Dieter Fluck

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