Bruder Wilhelm Stahl SAC

Im Leben des 85-Jährigen war „Alles Pallotti“

In der Regel gingen Männer bisher mit 65 Jahren in den Ruhestand. Nicht so Pallottinerbrüder. Da sie ehelos und nach klösterlichen Regeln leben, ist ihre Familie die Pallottiner-Gemeinschaft. Der Gemeinschaft haben sie das Versprechen abgegeben, Gott und den Menschen zu dienen und deshalb sind sie bis ins hohe Alter für ihre Mitbrüder im Einsatz, beten darüber hinaus für die Anliegen in Kirche und Gesellschaft.

Einer von ihnen ist Wilhelm Stahl, der 53 Jahre seines Lebens in der Küche arbeitete und erst mit 80 aufgehört hat. Sein Alter sieht man dem Senior nicht an, der am 2. März seinen 85. Geburtstag gefeiert hat. Zum Gespräch mit unserem Reporter erschien er im weißen T-Shirt mit dem Aufdruck „Alles Pallotti“, daneben das Emblem des Vinzenz-Pallotti-Kollegs Rheinbach (bei Bonn), wo Stahl lange Zeit seinen Dienst versah.

„Ich komme gerade aus der Aula; dort haben wir mittwochs Gymnastik“, begründete er sein sportliches Outfit. Darüber trägt er an einer silbernen Kette ein unübersehbares Brustkreuz, das er vor fünf Jahren bei einem Besuch in Rom erstanden hat. Bruder Stahl ist sportlich und ist mit Radtouren fit geblieben. „Ein Elektrofahrrad kommt für mich nicht in Frage, solange ich das noch mit eigener Kraft schaffe“, ist einer seiner Grundsätze. Auch im Missionshaus macht er sich mit einigen Diensten nützlich.

Bruder Stahl stammt aus dem rheinland-pfälzischen Schifferstadt. Ältere Leser erinnern sich an die Stadt der Ringer, deren bedeutendster Sportler Wilfrid Dietrich 1960 in Rom die Goldmedaille in der Freistil-Disziplin gewann. „Den Wilfrid kannte ich gut. Der wohnte in unserer Nachbarschaft“, erzählt der Jubilar. Er selbst wuchs als mittlerer von drei Buben in der Landwirtschaft seiner Eltern auf, wo es genügend Gewichte zu bewegen gab. In der Kirche betätigte er sich gerne als Messdiener. Dort wuchs das Interessierte für den Glauben des Pfarrers, der in der Schönstatt-Bewegung mitwirkte, die damals noch zu den Pallottinern gehörte.

„Ich war mit anderen Messdienern auf dem Fahrrad von Schifferstadt nach Schönstatt (bei Vallendar) unterwegs; ein Zeltlager mit vielen Erlebnissen“, berichtet Stahl. Begegnungen wie diese ließen in dem 19-jährigen Wilhelm den Wunsch reifen, sich den Pallottinern anzuschließen und er wurde in Limburg aufgenommen. Im ersten Jahr machte er sich in verschiedenen Abteilungen des Missionshauses nützlich und schon im zweiten Jahr wurde ihm die Verantwortung für den Hühnerstall mit 300 Hühnern übertragen.

„Ich bin zwar in der Landwirtschaft aufgewachsen, aber Hühner hatten wir keine“, erzählt der heute 85-Jährige, der am 30. November 2017 seine Diamantene Profess feierte, also vor über sechs Jahrzehnten sein Versprechen ablegte. Zu den weniger erquickenden Ereignissen seines ansonsten zufriedenen Klosterlebens zählte die Nachricht, dass die Hühnerhaltung eingestellt werde und er die ihm anvertrauten 300 Kreaturen schlachten müsse. „Ich hatte keine Ahnung wie man das macht und musste mich erst mal erkundigen“, berichtet Bruder Stahl und gesteht: „Manchmal wurde es mir bei dieser Arbeit richtig schlecht. Da hatte mir ein Mitbruder geraten ‚dann trink doch ein paar Schnäpse‘. Das hab‘ ich dann getan.“

Als der auf der Krankenstation zuständige Bruder Erfort zur Ausbildung an das St. Vincenz-Krankenhaus wechselte, kam Bruder Wilhelm Stahl für ihn auf die Krankenstation, wo er fünf Jahre erkrankte Mitbrüder betreute. 1961 musste er sich dort verabschieden, weil ihn seine Oberen nach Rheinbach in die Küche versetzten.

„18 Jahre hab ich dort gearbeitet. Als der Bruder in der Bäckerei verstarb, bekam ich noch die Backstube hinzu, die die Hausgemeinschaft und das Internat versorgte“, erzählt er. Zu Spitzenzeiten beherbergte das Internat mehr als 250 Schüler. „Da ich nie Bäcker gelernt hatte, musste ich öfter zum Bäcker in die Nachbarschaft laufen und mir vieles zeigen lassen“, erinnert sich Stahl.

Als wenn ihn das nicht schon genug ausgefüllt hätte, kümmerte Stahl sich nebenher mit viel Engagement um die Marienkapelle auf dem Kolleggelände, in der Klassengottesdienste und Trauungen stattfinden. „Ich habe dort 300 Hochzeiten erlebt, manchmal drei an einem Tag und später musste ich noch den Küsterdienst in der Kirche übernehmen“, fügt der Mann hinzu, der in Rheinbach die Auflösung der Landwirtschaft miterlebte, dann die dortigen 60 Hühner schlachten musste und sich erinnert: „Der zuständige ältere Mitbruder, ein Bauer, konnte das nicht.“

1997 wurde Bruder Stahl wieder nach Limburg versetzt und half dort bis zur Vollendung seines 80. Geburtstags erneut in der Küche, pflegte und erntete nebenher sein Kräutergärtchen. „Das Gärtchen hätte ich gerne noch weiter gemacht“, sagt er etwas traurig, „aber es wurde ja alles weggemacht“. Ihm blieben nunmehr seine Radtouren und Uhren aller Art, eine Leidenschaft, die ihn zum Sammler gemacht hat. Schöne Heiligenfiguren und weitere Zeugnisse seines Glaubens, insbesondere zur Verehrung der Gottesmutter, schmücken seine kleine Wohnung im Missionshaus.

Den Urlaub verbringt Bruder Stahl jedes Jahr in der Pfalz. „In Schifferstadt bin ich bei meinem jüngeren Bruder (83) und habe eine schöne Wohnung in unserem Elternhaus.“ Dort steht auch sein zweites Fahrrad. In der großen Verwandtschaft (seine Mutter wurde in einer Familie von neun Kindern groß) hat eine Cousine ebenfalls den Weg ins Kloster gefunden. Sie versieht bei den Niederbronner Schwestern ihren Dienst im Krankenhaus „Zum guten Hirten“ in Ludwigshafen.

Mehrmals war er auf Pilgerfahrten, so in Fatima, Banneux und Lourdes. Zu religiösen Anlässen erscheint Bruder Stahl freilich in der Ordenskleidung, dem Habit. „In Rom war ich schon oft, habe dort zweimal Papst Franziskus gesehen.“ Gerne erinnert er sich an die Radtouren, die er in jüngeren Jahren mit Bruder Karl-Heinz Schmidt nach Österreich und in die Schweiz unternommen hat. Beide hat das Radfahren nicht mehr losgelassen, doch reicht die Kraft heute bestenfalls noch für kleinere Touren in der Region.

Foto / Repro-Foto und Text: Dieter Fluck

Bruder Wilhelm Stahl SAC in der Küche in Rheinbach

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