Bruder Berthold Erfort: Vom Schreiner zum Pfleger

„Der Doktor“ ist vernarrt in Vögel und edle Rosen

„Wir waren mal 100 Brüder und 50 Patres, zählten 30 Lehrlinge in unseren Werkstätten, so genannte Aspiranten“, blickt Bruder Berthold Erfort auf die Blütezeit der Limburger Pallottiner zurück. Unter den hier im Missionshaus lebenden Brüdern und Patres zählt der 86-Jährige zum Inventar. Am 2. Juni jährte sich zum 67. Mal der Tag, an dem er nach Limburg kam und hauptsächlich durch seine Vogel- und Blumenzucht weit über die Klostermauern hinaus bekannt wurde.

Viele Menschen hatten einen Vogel

Viele Menschen, die in der Domstadt und umliegenden Ortschaften einen Vogel hatten, bezogen ihn von Bruder Berthold. Er, der 1964 Vögel von einem Mitbruder übernahm und die Zucht nur als Hobby betreiben wollte, brachte im Laufe der Jahre so viel buntgefiederten Nachwuchs hervor, dass er ihn veräußern musste. „1973 habe ich ein Vogelhaus mit Zentralheizung gebaut. Wenn draußen Schnee lag, hatte ich schon Nachwuchs“, berichtet der Vogelexperte von seiner Leidenschaft. Da war es für ihn selbstverständlich, dass er sich den Geflügelzuchtvereinen in Lindenholzhausen und Linter anschloss.

„Ich hatte mit Wellensittichen begonnen. Mit der Zeit waren es 700 Stück. Ich belieferte Geschäfte in Wiesbaden; denn ich musste ja alles finanzieren“, schwärmt er noch heute von seinen Erfolgen. Später trennte er sich von den Wellensittichen, bevorzugte nun australische Großsittiche, die er in 40 bis 50 Volieren züchtete. „Ich hatte auch hundert Fasanen, Anfang der 1970-er Jahre 30 Pfauen“, berichtet Bruder Berthold, der auf dem Pallottinergelände ein Gartenhäuschen besaß einen Teich pflegte und zufrieden zurückblickt: „Das war Leben, das hat mir immer Spaß gemacht.

Schreinerlehre im Missionshaus

Doch die Leidenschaft fürs Federvieh war nicht die Hauptaufgabe des aus Oberkirchen, einem Dorf im saarländischen Landkreis St. Wendel stammenden Pallottiner. Dort wuchs er als ältestes von drei Kindern auf und bekam als junger Mann über die Schönstattbewegung Kontakt zu den Pallottinern. Diese von Pater Josef Kentenich gegründete Bewegung in der katholischen Kirche hat ihren Ursprungsort und geistlichen Mittelpunkt in Schönstatt, einem Ortsteil von Vallendar bei Koblenz. Kentenichs Ziel war es, der Kirche und dem Glauben der Christen ein neues, modernes Gesicht zu geben.

Die Limburger Pallottiner mit ihrer Landwirtschaft und verschiedenen Werkstätten genossen einen guten Ruf, der auch Berthold Erfort erfasste, der in der Klosterschreinerei das Schreinerhandwerk erlernte. „Eigentlich wollte ich immer in die Mission gehen, nach Kamerun oder Australien, aber es wurde nichts daraus“, erinnert sich der 83-Jährige, der am Ende seiner handwerklichen Ausbildung von der Provinzleitung auf die Seniorenstation versetzt wurde. „Sie brauchten dort jemand zum Putzen; wir hatten damals ja keine Reinigungskräfte“, sagt er.

Pflegedienst und Reisen als Dankeschön

Doch bei seinem Putzjob sollte es nicht bleiben. Bertholds Vorgesetzte erkannten schon bald seine Begabung im Umgang mit alten und kranken Mitbrüdern und vermittelten ihn 1960 in eine Ausbildung zum Krankenpfleger, die er im Limburger St. Vincenz-Krankenhaus absolvierte. Kurz darauf übernahm er die Leitung der Senioren- und Krankenstation der Pallottiner, für die er bis 1995 Verantwortung trug und sich anschließend noch über zehn Jahre als Nachtwache zur Verfügung stellte. So verbrachte er ein halbes Jahrhundert im Dienst an alten und kranken Mitbrüdern.

Während dieser langen Zeit sollte sich doch noch – zumindest vorübergehend – Bruder Bertholds Jugendtraum von fernen Ländern erfüllen. Es war 1981 ein Geschenk zu seiner silbernen Profess, der Ablegung des Ordensversprechens, als er mit drei weiteren Brüdern vier Wochen lang Südafrika erkundete. Zwei Jahre später erlebte er sodann den Höhepunkt seiner Fernreisen. Von der Hauptstadt Melbourne war er in sechs Wochen über 13.000 Kilometer in die westaustralische Region Kimberley unterwegs.

Auf seinen Reisen hatte Erfort schon wieder seine alten und kranken Mitbrüder im Sinn: „Viele Missionare kamen später auf unsere Altenstation. Es war mir wichtig, sie im Ausland kennenzulernen. Ich wollte sehen, was die Leute dort erlebt und gemacht haben. Bei meinen Rundgängen und Nachtwachen, konnte ich an ihre Tätigkeiten und Erlebnisse anknüpfen. Das gab ihnen das Gefühl, dass sie verstanden werden.“ Seine Erfahrungen und Kenntnisse in der Pflege brachten Erfort den Spitznahmen „der Doktor“ ein. Da wussten alle im Haus, wer gemeint war.

1000 Rosen für das Missionshaus

In seinen freien Stunden von der stationären Pflege blühte Bruder Berthold förmlich auf und verrät uns: „Ich habe Rosen gezüchtet. Peter, ein guter Freund der Pallottiner, hatte eine kleine Baumschule. Der hat mir das Veredeln von Rosen beigebracht. Im ersten Jahr hatte ich hier auf dem Pallottinergelände 500 Stück, im zweiten Jahr schon tausend.“ Erfort: „Ich war vernarrt in Blumen.“

Mit etwas Wehmut blickt Bruder Berthold heute auf die glücklichen Jahrzehnte seines Schaffens zurück und bedauert sehr, dass mit dem Rückbau des Missionshauses Voliere und Rosenbeete aufgegeben werden mussten. Für seine verbliebenen australischen Großsittiche hatte er noch für einige Jahre ein Ausweichquartier außerhalb Limburgs gefunden und sich gleichsam den Blick für die Realität bewahrt: „Mit zunehmendem Alter und gesundheitlichen Einschränkungen muss man zwangsläufig etwas kürzer treten“, sagte der Senior, der den Lebensabend nun ohne seine gefiederten Freunde verbringt.

Bruder Berthold Erfort mit seinen australischen Sittichen
Nach dem Verlust seiner Voliere auf dem Pallottinergelände fütterte Bruder Berthold Erfort seine Lieblinge in einem Ausweichquartier. Die bunten australischen Sittiche fraßen ihrem Züchter aus der Hand.

Text & Bilder: Dieter Fluck

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