Bruder Albert Kerp SAC

Ein Buchhändler und Geselle des Frohsinns

Es ist Karneval, eine Jahreszeit, in der sich gar manche Narren in Limburg und Umgebung gerne an Albert Kerp erinnern. Der Pallottinerbruder aus dem Limburger Missionshaus ließ das närrische Publikum in den Kappensitzungen des Rauchclubs, die den Saal des Kolpinghauses füllten, unter anderem als „et Köllsche Hännesje“ an seinem rheinischen Humor teilhaben. Mit geschliffenen Vorträgen verdiente sich der bärtige Ordensmann ein wahres Kontingent an Verdienstorden.

Kein Wunder, wenn man weiß, dass Bruder Alberts Wiege in einer großen Kölner Familie stand. Dort blickte er als jüngstes von neun Kindern das Licht der Welt. Kerp erlebte eine ungewöhnlich schwere Kindheit. Nicht nur, dass die Familie im Zweiten Weltkrieg bei einem Luftangriff 1943 ausgebombt wurde. „Meine Mutter war seit meiner Geburt an Multiple Sklerose schwer erkrankt; ich kannte sie nur im Rollstuhl. Mich haben meine beiden älteren Schwestern großgezogen“. berichtet der Pallottinerbruder, der seit einigen Jahren selbst auf den Rollstuhl angewiesen ist und auf der Pflegestation des Missionshauses lebt.

Köllsches Platt statt Latein
Nach dem Kriegsangriff kam die Familie in Lechenich (heute ein Stadtteil von Erfstadt) beim Bruder des Vaters unter, bevor sie 1951 wieder nach Köln zurückkehren konnte. 1956 kam Albert Kerp nach Limburg. „Ich wollte Priester werden“, sagt er und fügt sogleich hinzu: „aber mit Latein und Sprachen hatte ich es nicht, da half auch Nachhilfe nichts.“ Dafür beherrscht der 82-Jährige bis heute et Köllsche Platt in allen Facetten, was ihn im Limburger Missionshaus unverwechselbar macht.

„Ich hab‘ mir gesagt, dann lerne ich einen anderen Beruf und werde Bruder.“ Klöster waren damals für vielfältige gute Ausbildungsberufe bekannt. „Die Bürovorsteherin meines Vaters (er war Bezirksdirektor einer Versicherung) trug in ihrer Freizeit die Pallottiner-Zeitschrift ‚Der Rosenkranz‘ aus und da kam die Idee auf, es mal bei den Pallottinern in Limburg zu versuchen“, erzählt Kerp, der in die kaufmännische Richtung tendierte. Im Anschluss an die Handelsschule besuchte er fünf Jahre das Bischof-Vieter-Kolleg in Limburg, das 1972 aufgelöste Gymnasium der Pallottiner, das er mit der Mittleren Reife verließ. 1962 legte Bruder Albert sein Versprechen, die Profess, ab, um fortan nach den Regeln der pallottinischen Gemeinschaft zu leben.

Vom Industriekaufmann zum Buchhändler
Er begann in der Fotoabteilung des Verlags, erledigte Büroarbeiten, half im Labor und im Vertrieb von Verlag und Druckerei aus, legte vor der Industrie- und Handelskammer Frankfurt die Prüfung zum Industriekaufmann ab, besuchte nach einem Volontariat in einer katholischen Buchhandlung die Buchhändlerschule, bestand die Prüfung und baute bei den Pallottinern eine Versandbuchhandlung für religiöse Bücher auf.

„Mit einem Schrank fing alles an. Es kamen Pfarrer aus der Umgebung. Ich bin über die Dörfer gefahren, habe unter anderem zur Erstkommunion und vor Weihnachten Buchausstellungen organisiert, Fachbüchereien für Ausstellungen beschickt“, erinnert sich der Ordensmann. Er erwarb in Stuttgart die Befähigung zur Ausbildung von Lehrlingen, „1984 wurde sodann die heute in großzügigen modernen Räumen fortbestehende Pallottiner-Buchhandlung eröffnet“, berichtet Albert Kerp, der sich gerne an die Förderung durch seinen damaligen Chef, Pater Engelbert Tauscher, erinnert.

Schwere Verletzungen, die der siebenjährige Albert bei einem Autounfall erlitten hatte, bereiteten ihm zunehmend Probleme. Wollte er weiter arbeitsfähig bleiben, musste er sich bereits mit 45 Jahren einer Hüftoperation unterziehen. „Damals prophezeite mir der Arzt, ‚wenn sie das jetzt nicht machen lassen, sitzen sie im Alter im Rollstuhl‘. Er sollte Recht behalten“, sagt der 82-Jährige, der 24 Jahre im Verlag arbeitete und danach 27 Jahre die meiste Zeit an der Pforte saß, bis diese vor acht Jahren wegen des Rückbaus der Klosteranlage aufgelöst wurde.

Gebete für die Arbeit der Mitbrüder
„Beten für unsere Mitbrüder, die hier und in der Welt noch arbeiten können, das ist jetzt mein Apostolat“, sagt Bruder Albert, dessen jüngste Schwester Magdalena bei der Kongregation der „Schwestern Unserer Lieben Frau“ ebenfalls den Weg ins Kloster gefunden hatte.

Und da gibt es noch den Albert Kerp, der trotz aller Widrigkeiten seinen rheinländischen Humor nicht verloren hat. Vom kaufmännischen Leiter der Pallottinerdruckerei, der als Schatzmeister im Limburger Kolpingverein „bei den Pallos“ die Plakate für die närrischen Rauchclub-Sitzungen drucken ließ (der Rauchclub ist die gesellige Abteilung des katholischen Kolpingvereins), bezog Bruder Albert 1972 Freikarten für eine Rauchclubsitzung. „Dort traf ich den Rauchclub-Präsident Karl Müller, der in unserem Verlag gelernt hatte. Den hab ich gefragt: ‚Kann man bei euch mitmachen?‘ und zwei Jahre später hielt ich meinen ersten Vortrag.“

Geselle des Frohsinns
Er trat als „Der Mann mit dem Hötsche“ auf, erinnert sich Bruder Albert mit einem Schmunzeln und glänzenden Augen. „Da hab ich die Abenteuer erzählt, die ein Hütchen im Krieg so alles erlebt hat. Auf einmal sprachen fremde Leute in der Stadt: „Guck emal, do kimmt der met dem Hütche.“ In der folgenden Kampagne mimte Kerp einen Weltenbummler und schlüpfte später in seine Paraderolle als „et Köllsche Hännesje“, in der er Witze rezitierte, die er zusammengebastelt hatte. Insgesamt 13 Mal stand der Ordensmann in der Bütt, brachte in einem Zwiegespräch das Publikum zum Lachen, spielte ein andermal den Oberteufel, auch mal den Klabautermann bei den Piraten. Den Kindern diente er mit seinem Vollbart in der Aufführung von „Heidi“ als Almöhi. In Karnevalszügen trug Kerp das Kostüm eines Clowns.

Was für den Jeck selbstverständlich war (Verwandte waren in Köln aktiv, ein Bruder saß im Elferrat), dafür haben ihm nicht alle seine Ordensoberen applaudiert. „Ich habe auch Anfeindungen im Haus von Mitbrüdern bekommen, die von Karneval keine Ahnung haben und so bekam ich zwei Jahre Auftrittsverbot“, berichtet er, der seine närrische Ader dennoch nicht verleugnen wollte, und sagt: „Blödsinn machen, das ist Clownerie, das liegt dem Kölner.“ Drei Jahrzehnte war Albert Kerp ein Aktivposten im Rauchclub gewesen, der ihm 2004 mit der Auszeichnung „Geselle des Frohsinns“ dankte.

An vielen Pilgerreisen hat der Ordensmann teilgenommen und darüber anschließend für sich und die Mitreisenden Berichte geschrieben. Gemeinsam mit dem im vergangenen Jahr verstorbenen betagten Buchbindermeister Edmund Menges betreute er lange Zeit fast 50 Rentner der früheren Druckerei, organisierte Treffen und Kaffeefahrten.

Erinnerungen an eine jecke Zeit
Ein Küsschen in Ehren für einen alten Freund und echten Jeck. Dreierbundsprinzessin Christina I. von der Lay aus Diez, eine gebürtige Kölnerin, dankte 2008 dem ebenfalls aus Köln stammenden Ordensbruder Albert Kerp mit ihrem Prinzenorden für seinen Einsatz im Karneval.
Bruder Albert Kerp in der Bütt
Als "et Köllsche Hännesje" verteilte Pallottiner-Bruder Albert Kerp viele Jahre humoristische Knallbonbons aus der Rauchclub-Bütt.

Bilder und Text: Dieter Fluck

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