Weltsynode: Rückenwind für weltweit notwendige Veränderungen

Historischer Schritt im Vatikan: Papst Franziskus öffnet Tür für Reformen

Die katholische Weltsynode öffnet die Tür für Reformen, und Papst Franziskus geht überraschend mit. Doch für die Umsetzung sind offensichtlich weitere mutige Schritte auf lokaler und vatikanischer Ebene notwendig!

Die Weltsynode 2021-2024 ist am 27. Oktober 2024 mit einem Festgottesdienst im Petersdom offiziell zu Ende gegangen. Papst Franziskus überraschte mit der Ankündigung, auf das übliche „nachsynodale Schreiben“ zu verzichten und die Ergebnisse der Synode unverändert und sofort kirchenrechtlich in Kraft zu setzen. Damit öffnet er die Tür für Reformen.

Vor dem Abstimmungsmarathon – der 151 Absätze umfassenden Synodenbeschlüsse – waren die Erwartungen eher gering. Doch das am 26. Oktober beschlossene Abschlussdokument ist detaillierter und präziser als im Vorjahr und fordert konkrete Schritte in den Diözesen. Das Dokument sollte schon gestern am 28. Oktober auch in deutscher Sprache verfügbar sein.

Wir haben auf den Zentralrat der Katholiken, also die deutschen Laien, und die Deutsche Bischofskonferenz, also die Kleriker, geschaut. Was sind die ersten Einschätzungen? Was hat sie nun gebracht, die Bischofssynode in Rom? Was wird sich in Zukunft ändern?

ZdK-Präsidentin würdigt Abschlusstext als „Dokument eines Prozesses“

Die Beteiligung von Laien hat die Gesprächskultur verändert

Mit der Zustimmung des Papstes zum Abschlussdokument der Weltsynode sind die Beratungen in Rom gestern Abend zu Ende gegangen. „Es ist eine kleine Sensation, dass Papst Franziskus so gehandelt hat“, sagt Dr. Irme Stetter-Karp, Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK). „Indem er auf ein Nachsynodales Schreiben verzichtet, gibt er der Weltsynode eine große Bedeutung im synodalen Prozess. Ihre Beschlüsse sollen in der Weltkirche direkt umgesetzt werden.“

Symbolisch stehe dieses Handeln „für die neue Wertschätzung der Synodalität, die Papst Franziskus zu einem Schlüsselbegriff seines Pontifikats gemacht hat. Deutlich zu erkennen ist aber nach wie vor, dass auch diese Weltsynode eine Bischofssynode war“, sagt Stetter-Karp. „Die Beteiligung von Laien, wie sie der Papst angeordnet hatte, hat die Gesprächskultur verändert und die Vielfalt der Welt stark gemacht. Aber sie ging nicht so weit, aus der unveräußerlichen Würde jedes Menschen auch eine konsequente Gleichrangigkeit der Geschlechter abzuleiten. Es verwundert daher nicht, dass es zu den Formulierungen des Schussdokuments in dieser Frage sehr viele Gegenstimmen gab.“

„Es ist ein Verdienst der Synode, dass die Frage der Weihe von Diakoninnen offengehalten wurde.“

Konkret nennt Stetter-Karp „die noch immer unveränderte Anthropologie der Kirche, die Frauen für ihre Mütterlichkeit, ihre Leidensfähigkeit und Warmherzigkeit wertschätzt, nicht aber für Fähigkeiten des Führens, des Entscheidens, der Bekleidung kirchlicher Weiheämter“. Für sie sei es „eine Enttäuschung, dass sich der große Anspruch, die Kirche wolle zuhören lernen, an dieser Stelle als Leerformel erweist. Es ist offenbar kein ausreichender Wille da, die offene Diskriminierung zu beenden.“
Prof. Thomas Söding, Vizepräsident des ZdK und als theologischer Experte Begleiter und Beobachter der Weltsynode, sieht hier trotz allem eine Veränderung auf dem Weg. „Im Abschlussdokument wird eingeräumt, dass Frauen in der Kirche weiter auf Hindernisse für eine umfängliche Anerkennung stoßen. Zugleich heißt es darin aber auch, es gebe keinen Grund, warum sie nicht ‚führende Rollen in der Kirche‘ übernehmen sollten. Es sei ein Verdienst der Synode, dass die Frage der Weihe von Diakoninnen offengehalten worden sei. „Es gab den Versuch, den Zugang von Frauen zu Weiheämtern endgültig zu verschließen. Damit kamen jene, die das wollten, aber nicht durch. Und sie werden damit niemals mehr durchkommen. Das Thema steht auf der Agenda, und es wird zu einem Ergebnis führen.“

Söding sieht in der intensiven Auseinandersetzung der Synode mit den Beteiligungsrechten der Laien und den Rechenschaftspflichten der Bischöfe einen „großen Schritt zu einer synodalen Kirche“. Allerdings seien unterschiedliche Formen des Miteinanders weltweit schon deshalb zu erwarten, „weil das Dokument hier Interpretationsspielraum lässt“. Es sei für die katholische Kirche in Deutschland, die einen mehrjährigen synodalen Weg zurückgelegt habe und ihn weiter gehe, naheliegend, „dass wir nicht dabei stehen bleiben, dass Bischöfe Laien konsultieren, bevor sie Entscheidungen treffen. Wir sind im Prozess des Synodale-Kirche-Werdens an einer Stelle, an der wir sagen: Wir wollen gemeinsam beraten und entscheiden.“

Überall auf der Welt gilt es nun, den Worten Taten folgen zu lassen

Stetter-Karp sieht dies ebenso und erinnert an den Beginn des Synodalen Weges in Deutschland. „Das Grauen des Missbrauchsskandals war der Auslöser für gemeinsame Beratungen und Beschlüsse. Wir sehen uns hierzulande in der Pflicht, auch die Strukturen der Kirche anzuschauen. Sie sind mit eine Ursache dafür, dass Machtmissbrauch, sexuelle Gewalt und Vertuschung so lange geschehen konnten. Auf der Weltsynode ist dieses Thema aber so gut wie gar nicht durchleuchtet worden. Das ist ein wirklicher Mangel, und es beunruhigt mich. Denn es heißt, dass aus Rom keine Aufforderung in die Welt gesandt wird, den Zusammenhang zu sehen und entsprechenden Veränderungen herbeizuführen.“

Stetter-Karp und Söding sind sich einig darin, dass auch Nicht-Erreichtes nicht darüber hinwegtäuschen dürfe, dass die Weltsynode dem synodalen Prozess insgesamt einen deutlichen Schub gegeben habe. „Überall auf der Welt heißt es nun, aus den Worten Taten werden zu lassen. Es hat mich sehr gefreut, dass der Papst in seiner Abschlussrede an markanter Stelle Madeleine Delbrel zitiert hat. Für mich ist sie ein leuchtendes Beispiel dafür, dass Wort und Tat, Herz und Hand gebraucht werden, um die Welt zum Besseren zu verändern“, sagt die ZdK-Präsidentin. Und Vizepräsident Thomas Söding sieht im Text der Weltsynode „schon deshalb etwas Gelungenes, weil er den Prozesscharakter des synodalen Weges betont. Er fasst die gemeinsame Verantwortung ins Wort, die alle einbindet.“

Quelle: Pressemitteilung ZdK vom 27. Oktober 2024

Deutsche Synoden-Bischöfe ziehen Bilanz zum Abschluss der Weltsynode

„Synodalität für alle Ebenen der Kirche ist gesetzt und nicht mehr rückgängig zu machen“

In Rom ist die XVI. Ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode zu Ende gegangen. Seit dem 2. Oktober 2024 haben sich mehr als 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter dem Leitwort „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe und Sendung“ im Vatikan versammelt. Bereits im vergangenen Jahr hatte der erste Teil der Weltsynode getagt. Seitens der Deutschen Bischofskonferenz nahmen Bischof Dr. Georg Bätzing (Limburg), Bischof Dr. Felix Genn (Münster), Bischof Dr. Stefan Oster SDB (Passau), Bischof Dr. Bertram Meier (Augsburg) und Bischof Dr. Franz-Josef Overbeck (Essen) an den Beratungen teil.

Zusammenfassend erklären die deutschen Synoden-Bischöfe, dass die zweite Sitzung der Weltsynode in enger Verbindung mit der ersten Sitzung im vergangenen Oktober gesehen werden müsse. „In dieser Perspektive hat sie das Neue, das diese Weltsynode gebracht hat, spürbar verstetigt und über ein einmaliges Ereignis hinausgeführt.

Dem gesamten Prozess dieser Weltsynode ist zu eigen, dass die katholische Kirche des 21. Jahrhunderts sich ihrer Globalität und ihrer Katholizität deutlicher bewusst geworden ist“, so die Bischöfe. Das gemeinsame Arbeiten an den runden Tischen, das Menschen aus allen Erdteilen zusammengeführt habe, sei von einem Erlebnis der Neuheit zu einem Arbeitsstil geworden. „Die Vertreterinnen und Vertreter der Teilkirchen konnten sich intensiver kennenlernen, über die Situation, die Hoffnungen und Freuden, Ängste und Sorgen der anderen erfahren und sich in der Konversation im Heiligen Geist auch über den gemeinsamen Glauben und die Perspektiven der einen Kirche austauschen.

Die synodale Kirche des 21. Jahrhunderts steht noch am Anfang

So war diese Synode über die Synodalität gleichzeitig auch ein Übungsraum der Synodalität“, betonen die deutschen Synodenteilnehmer. Die synodale Kirche des 21. Jahrhunderts stehe dabei noch am Anfang. Sie fügen hinzu: „Viele Türen sind am Ende dieser Synode offen. Offene Türen laden ein, hindurchzugehen.

So hat die Dynamik der Synodalität mit diesen beiden Synodensitzungen Fahrt aufgenommen und wird die Kirche weiter verändern. Die treibende Vision dieser Kirche hat Papst Franziskus nicht zuletzt in seiner jüngsten Enzyklika Dilexit nos festgehalten: Eine Kirche, die aus der Liebe Christi schöpft und dadurch fähig wird, ‚geschwisterliche Bande zu knüpfen, die Würde jedes Menschen anzuerkennen und zusammen für unser gemeinsames Haus Sorge zu tragen‘.“

Bischof Bätzing zur Weltsynode: „Unumkehrbare Schritte zur synodalen Kirche – Mitwirkung und Rechenschaft für eine neue kirchliche Kultur“

Bischof Dr. Georg Bätzing, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz sagte nach Abschluss der Weltsynode: „Zwar zaghaft, aber nach meiner Einschätzung doch unumkehrbar hat diese Kirchenversammlung Elemente einer künftigen Kultur in der Synodalität beschrieben, die auf allen Ebenen des kirchlichen Lebens – von den Pfarreien über die Bistümer, die nationalen und kontinentalen Ebenen – dem hierarchischen Element in der katholischen Kirche ein Element der Verantwortung und Mitwirkung aller Gläubigen zur Seite stellt. Entscheidungen der zuständigen Autoritäten werden künftig nicht ohne einen engen und ernstzunehmenden Beratungskontext getroffen werden können. Zudem werden die Verantwortlichen in der Kirche in transparenter Weise Rechenschaft über ihre Entscheidungen vor Gremien synodaler Gestalt ablegen müssen, die mehrheitlich nicht durch Berufung, sondern durch Wahlen und Delegationen „von unten“ zustande kommen.

Ausgangspunkt dieser für die Gesamtkirche durchaus neuen Praxis ist eine solide Tauftheologie im Abschlussdokument, die die gleiche Würde aller Getauften in das Zentrum rückt und damit auf die gemeinsame Verantwortung aller für die besondere Sendung der Kirche in dieser Welt abhebt. Insofern leiten die Empfehlungen, die nun nach einem mehr als dreijährigen weltweiten Konsultationsprozess an den Papst übergeben werden, für mich eine neue Phase der Rezeption des Zweiten Vatikanischen Konzils in der Kirche ein. Der Spürsinn der Gläubigen „sensus fidelium“ stand im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit während der vergangenen vier Wochen. Er wird deutlicher als bisher wertgeschätzt und für den Weg der Kirche in die Zukunft fruchtbar gemacht.

Nun wird es erforderlich sein, solche Empfehlungen auch kirchenrechtlich verbindlich zu fassen, damit sie sich nicht wieder schnell verlieren. Denn jeder Versuch, eine neue Kultur zu etablieren, braucht die Absicherung in Strukturen und geordneten Verfahren. Daher spricht das Abschlussdokument auch prominent von einer Phase der Implementierung und der Evaluation, die nun folgen müssen. Ich bin zuversichtlich, dass damit der Wunsch der Kirche in Deutschland, synodale Beratungsstrukturen auch auf der nationalen Ebene auf Dauer zu stellen, durch die Ergebnisse der Weltsynode Rückenwind bekommen. Dann hätte sich die viele Arbeit, die viele Gläubige in diese Weltsynode investiert haben, wahrlich gelohnt.“

Quelle: Deutsche Bischofskonferenz | Pressemeldung Nr. 171 vom 27.10.2024
Weitere Einschätzungen der deutschen Bischöfe finden Sie hier: Bilanz zum Abschluss der Weltsynode
Fotos: ©synod.va/Lagarica; ©Deutsche Bischofskonferenz / Matthias Kopp (Die deutschen Synodalbischöfe bei der XVI. Ordentlichen Generalversammlung der Bischofssynode in Rom; Gruppenfoto der Synodenmitglieder)

Abschlussdokument - Documento finale - Final Document

Das Abschlussdokument mit dem Titel „Für eine synodale Kirche: Gemeinschaft, Teilhabe, Mission“ (Originaltitel: „Per una Chiesa sinodale: comunione, partecipazione, missione”) greift grundliegende Probleme der katholischen Kirche auf.

Deutsche Arbeitsübersetzung (nicht offiziell) des Generalsekretariats der Bischofssynode! (Stand: 20241105)

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