Erst Schreiner, dann Altenpfleger und Küster

Dieser Bruder reist mit einem Kreuz am Ohr

Wer ein Klosterbruder ist, kann man heute oft nicht mehr auf den ersten Blick erkennen. Waren die Brüder in den 1960-er Jahren ausschließlich mit ihrer Ordenstracht, dem Habit, oder dem typischen Collarhemd unterwegs, so braucht sich niemand zu wundern, wer heute einem solchen Mann mal im Sommerhemd und kurzen Hosen begegnet. Ein solcher, der sich nicht in eine Schublade zwängen lässt, ist Pallottinerbruder Rainer Budéus.

„Ja ich bin ein Schwarzrock. Wer mich nach einer Zigarette fragt, kann eine haben; denn ich rauche auch mal eine. Ich seh‘ das nicht so eng, gehe offen auf Menschen zu und komme dann mit vielen Leuten ins Gespräch“, sagt der 66-Jährige. Er nimmt in der vom römischen Priester Vinzenz Pallotti gegründeten Gemeinschaft die Funktion eines Reisebruders wahr.

Unterwegs im Auftrag des Herrn
Ein Reisebruder ist vergleichbar mit einem Außendienstmitarbeiter in einem Unternehmen. Reisebrüder der Pallottiner gestalten Einkehrtage, stellen Ziele und Projekte des Ordens vor, besuchen Förderer und Wohltäter und haben gleichzeitig ein offenes Ohr für die Sorgen und Nöte der Menschen. „Ich nehme mir Zeit für Menschen, die kirchlichen Beistand brauchen und wenn mich ein Kranker nach der Kommunion fragt, dann bringe ich ihm die geweihte Hostie“, sagt Bruder Rainer, der dafür die kirchliche Genehmigung hat, und fügt hinzu: „Ich trage die Kommunion immer bei mir in der Aktentasche.“

Als Reisebruder betreut er zwei ganz unterschiedliche Gebiete. Zunächst von den Pallottinern für das Bistum Essen beauftragt, ist er seit Anfang 2009 zusätzlich in den Bistümern Würzburg und Bamberg auf Achse. Bruder Rainer ist Vielfahrer, hat zwei Wohnungen und bringt es mit seinem Dienstfahrzeug auf bis zu 50.000 Kilometer im Jahr. „Wenn ich drei bis vier Tage im Ruhrgebiet war, mache ich im Limburger Missionshaus einen Zwischenstopp und fahre anschließend ins Frankenland.“ Zum Verschnaufen steuert er dort das Kloster „Maria Bildhausen“ bei Bad Kissingen, seinen zweiten Wohnsitz, an.

„Ist der echt?“
Rainer Budéus ist bei seinen Mitbrüdern wie auch draußen im Land wegen seines unkonventionellen Auftretens bekannt. Als junger Bruder hatte er sich mal die Haare blond färben lassen. Jetzt trägt er einen goldenen Ring mit Kreuz am Finger. „Das war in der ersten Zeit verboten, aber ich bin schließlich mit der Kirche verheiratet“, sagt der für ein Kloster noch relativ junge Bruder. Bis heute, da er ein halbes Jahrhundert bei den Pallottinern verbracht hat, habe sich manches verändert. Angesprochen auf seinen Ohrstecker, sagt Rainer: Ich wollte schon immer einen Knopf im Ohr haben und besitze verschiedene.“

Dieses Mal trägt er ein kleines goldenes Kreuz auf dem Ohrläppchen sowie ein kleines Kreuz an der Halskette. Der Ordensmann erweist sich als lockerer wie humorvoller Gesprächspartner, so dass er auch schon jemand sagen hörte: „Ist der überhaupt echt?“ – Oder: „Mama, gestern lief der noch in kurzer Hose herum.“ – Rainer Budeus: „Ich habe mein Habit oder Collarhemd immer dabei. Es kommt ganz darauf an, wo ich hingehe. Wenn ich als Schwarzrock irgendwo bin, sind die Leute reserviert.“ Das gefällt ihm gar nicht. Er macht die Erfahrung, dass die Leute heute vorsichtiger geworden sind, weshalb er jederzeit seinen Ausweis als Reisebruder griffbereit hat.

Traumberuf Altenpfleger
„Ich hatte schon immer vor, ins Kloster zu gehen. Das hat mich interessiert, darüber habe ich schon als Bub viel gelesen, zum Beispiel über das Gebetsleben“, erzählt der gebürtige Dortmunder, der mit zwei Geschwistern aufwuchs. Damals kannte er nur die Benediktiner in Meschede, die Franziskaner und die Vinzentinerinnen in Dortmund. „Im Alter von 12 bis 14 Jahren (Budéus: ‚…das darf man gar nicht laut sagen‘) habe ich den Schwestern in der Küche alle 14 Tage im Sonntagsdienst geholfen – und ich war Messdiener.“ Als eines Tages ein Pallottinerbruder Verwandte in der Nachbarschaft besuchte, da wuchs Rainers Interesse, ihn mal in seinem Kloster zu besuchen.

„Dann kam ein Reisebruder wie ich heute einer bin, der mich nach Limburg einlud. Ich war vierzehneinhalb Jahre alt und wollte Pfleger werden. Dafür musste ich aber 18 Jahre alt sein. Um die Zeit zu überbrücken, begann ich am 1. September 1967 bei Bruder Karl in der Limburger Pallottinerwerkstatt eine Schreinerlehre, die ich 1970 mit der Gesellenprüfung abschloss. Als Lehrling war ich Aspirant fürs Kloster“, berichtet Bruder Rainer, der im Oktober 1970 ins Noviziat, die Vorbereitungszeit für den Eintritt ins Kloster, ging. Zwei Jahre später legte er seine erste Profess, das Ordensgelübde, ab und verwirklichte seinen Traumberuf als Pfleger.

Rainer Budéus übernahm bereits Sonntagdienste im alten Limburger Vincenz-Hospital am Roßmarkt wie auch auf dem Schafsberg. Bei den Aachener Franziskanerinnen in Frankfurt absolvierte er eine Ausbildung zum Altenpfleger und machte ein einjähriges Praktikum bei der Caritas in Bad Orb. Sodann arbeitete er zwei Jahrzehnte auf der Seniorenstation der Limburger Pallottiner. In Freiburg machte er eine Zusatzausbildung zum Stationspfleger. Während seiner vierjährigen Tätigkeit im Caritas-Altenheim in Koblenz-Arenberg bildete sich Budéus in Trier zum Qualitätsmanager weiter. Es folgte ein letztes Pflegejahr im Altenheim Neuwied bei den Waldbreitbacher Schwestern.

„28 Jahre war ich Altenpfleger und dann fragte man mich: ‚Wie – und du hast noch keine theologische Ausbildung?‘“ Das war für Rainer Anlass, einen Fernkurs in Theologie zu belegen, den er erfolgreich abschloss. Er arbeitete im „Haus Wasserburg“ – der pallottinischen Jugendbildungsstätte in Vallendar – im Buchladen und als Sakristan (Küster) an der Wallfahrtskirche und dem Kapellchen. Schließlich führte er den Laden als Verkäufer, bis er 2008 die neue Aufgabe eines Reisebruders übernahm, die ihn gänzlich ausfüllt.

„On the road again“
Leider musste er in den zurückliegenden drei Jahren wegen einer schweren Erkrankung auch schon mal pausieren. Dabei hatte er seine Haare, nicht aber seine lockeren Sprüche und seinen Humor verloren. Inzwischen ist er „on the road again“. Der Herrgott und die Pallottiner brauchen ihren Reisebruder noch, der lachend sagt: „Ich bin guter Dinge.“

Text und Bild: Dieter Fluck

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