Pallottis Werk 2023 / 4

11 PALLOTTINER DIE WELT BEWEGEN MIT SPENDEN Eine Ukrainerin in Moschun zeigte P. Reinhold Maise ihr nur notdürftig gesichertes zerstörtes Dach. In einem Kiewer Vorort hat sich P. Reinhold Maise in den Trümmern dieses Wohnblocks ein Bild von den Kriegszerstörungen gemacht. nicht gereist. Das Leben im westlichen Landesteil scheint weiterzugehen. Überall sind Baukräne zu sehen. Was zerstört ist, wird sofort wieder aufgebaut. Die Mähdrescher ernten die Weizenfelder weiter ab und die verblühten Sonnenblumen warten darauf, bis sie an der Reihe sind. Alles scheint friedlich. Doch der Schein trügt: An den Einfallsstraßen nach Kiew hinein sind nach wie vor die Kontrollpunkte und Straßensperren zu sehen. Sie bleiben stehen, denn sie könnten jeden Moment wieder gebraucht werden. In der Stadt selbst sind mitten im pulsierenden Leben der Hauptstadt Zeichen des andauernden Krieges zu entdecken: Transparente der Gefallenen von Mariupol. Bilder mit unzähligen Namen an einer endlos scheinenden »Memorial Wall«, einer Erinnerungswand mit den Getöteten seit 2014. Was fühlt ein junger Mann, der in Uniform und Rucksack vor dieser Wand steht und intensiv in die Gesichter der Gefallen schaut? Ausgebrannte Panzer und Schützengräben in einem Dorf im Norden von Kiew. Dort Einschusslöcher in den Fassaden, zerstörte und ausgebrannte Häuser und Wohnungen. Minenräumdienste in unmittelbarer Nähe. Und dann an einem Massengrab in Butscha zu stehen und den Worten einer Frau zu lauschen, die das Grauen miterlebt hat und deren Sohn derzeit im Osten an der Front ist – all das macht mir deutlich: Krieg, Angst, Leid, Tod – sie sind in diesem Land und im Leben einer jeden Ukrainerin und eines jeden Ukrainers allgegenwärtige Realität. Dass es in der Nacht nach meiner Abreise aus Kiew dort wieder Luftalarm gab und später in Lemberg ein Lager der Caritas mit 300 Tonnen Hilfsgütern durch einen Drohnenangriff völlig zerstört wurde, hinterlässt bei mir ein beklemmendes Gefühl. Der Krieg ist immer und überall gegenwärtig. Ich hatte Glück, dass es ruhig blieb, als ich vor Ort war. Sie glauben an die Zukunft Was ich als starken Eindruck mitgenommen habe aus der Ukraine, ist die aufrechte Haltung der Menschen. Sie wirken nicht niedergedrückt, erdrückt. Sie stehen aufrecht und sind bereit, von Neuem zu beginnen, ihren Weg weiterzugehen. Wie Igor und Natalia es tun. Zu Beginn des Krieges im Frühjahr 2022 war ihr Dorf im Norden von Kiew wochenlang in der Frontlinie. Ihr Haus wurde schwer beschädigt. Mit der Hilfe der Caritas haben sie begonnen, es wieder aufzubauen. Trotz der furchtbaren Angst, die sie durchlebt haben, glauben sie an die Zukunft für sich und ihre Kinder. Das war in ihren Augen zu sehen und in ihrem Lachen zu spüren, als ich mich von ihnen verabschiedet habe. Missionssekretär P. Reinhold Maise

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