Mit dem Leib Glauben

Zustandes. Einflussreich ist das Gottesbild des Lehrenden. Ist er / sie in der Lage, den Weg von einem „Nur-Gegenüber-Gott“ hin zu einem immer größeren „In-Gott“ zu begleiten, dazu zu ermutigen? Löst sich nicht der oft gehörte und gelesene Gegensatz zwischen einem persönli- chen und einem unpersönlichen Gott auf, wenn jemand sich in Christus hinein sein und los lässt und ihn mehr und mehr als seine Wirklichkeit erkennt und annimmt? Klingen Worte nicht anders, gesprochen in der Anspruchssituation des Machens und gehört nach vielen Stunden aufmerksamer Stille? Ganz bewusst ist hier die Frageform gewählt, um das Gespräch über die- se Themen zu initiieren bzw. fortzuführen. Ein Thema, das die Untersuchung ebenfalls anspricht, ist das der religiösen Doppelzugehö- rigkeit von Meditierenden. Hier ist P. AMA Samy (Arul Maria Arokiasamy, *1936) zu nennen, ein indischer Jesuit und Zen-Meister. Seiner Überzeugung nach hat Zen im Westen nur dann Daseinsberechtigung, wenn es in seiner integralen Form, eingebettet in östliche Ritua- le und Mentalität übernommen wird. In nach westlichen Vorstellungen adaptierter Weise praktiziert, vermischt mit hiesigen kulturellen und religiösen Formen, sei dies fast eine Verlän- gerung der kolonial-herrschaftlichen Dominanz des Westens gegenüber anderen Erdteilen. Der Anspruch klingt gewaltig und wird zurzeit auch von christlichen Autoren bekräftigt. Sicherlich ist es eine Sache des Respektes, eine gewach- sene spirituelle Tradition in ihrem Eigenwert zu sehen und den darin verborgenen „Schatz im Acker“ zu suchen. Bedeutet aber nicht gerade der Zen-Weg eine absolute Reduktion von allem Religiösen und Kulturellen auf das universal Menschliche? Ist nicht das, was im Osten mit Buddhanatur angesprochen wird, identisch mit der menschlichen Wesensnatur? Wie kann es für jemand, der sein eigenes Wesen in Christus begründet hat, möglich sein, aus dieser Glau- bensentscheidung auszutreten und sich mit an- deren religiösen Vorstellungen zu identifizieren? Neben der religiösen Doppelzugehörigkeit steht die These einer säkularen, religionsfreien Medit- ation, die als Frucht ein globales, alle Menschen einbeziehendes Ethos hervor bringt. Religiosität wird hier, im Blick auf die Geschichte, oft als hinderlich, ja als trennend eingestuft. Stattdes- sen scheint eine bestimmte Form des Buddhis- mus mit ihrer eher sanften Praxis sich gut in ein transreligiöses Umfeld einzupassen. So sehr der Anspruch eines Weltethos hin zu Gewalt- losigkeit und Frieden zu bejahen ist, so sehr ist das dahinter stehende und abgelehnte Bild von Religion zu hinterfragen. Koun Yamada, der schon erwähnte Meister von P. Johannes, hat in einem 2017 herausgekommenen Vortrags- band  79 darauf hingewiesen, dass Zen sich mit jeder Religion verbinden lässt, in der es um die Erfahrung des Wesens, des Unendlichen, des innersten Geheimnisses des Menschen geht. Zen identifiziert sich nicht mit einer bestimmten Religion, mit einer bestimmten Kultur und hat auf seinem Weg von Indien über China nach Japan und dann in den Westen jeweils verschie- dene Sprachen und Riten angenommen. Es bleibt der Anspruch, religiöse Vollzüge „aus ganzem Herzen, mit allen Kräften und Sinnen“ zu tun. Nur dann wird rituelles Handeln der zutiefst menschlichen Sehnsucht nach Echtheit und Identität gerecht. Nur dann passt es zu einem Weg, bei dem es nicht auf Worte, son- dern auf das Spüren, das unmittelbare Erken- nen ankommt. Liebe als Leidenschaft für Gott (nicht fixiert auf Bilder von Gott!) kann freilich

RkJQdWJsaXNoZXIy MjY4MzQ=