Mit dem Leib Glauben
heit, in der Menschen „nur auf das Sichtbare starren.“ 10 Der Weg der Meditation löst diese Fixierung auf. Im Schauen dorthin, wo eigentlich nichts zu sehen ist, beginnt eine neue Weise des Sehens. 2. Schlechte Blindheit. Unter dieser Blindheit leiden Menschen, die „falschen“ Philosophien oder Überzeugungen anhängen. Es geht um jene Blindheit, in der Menschen einer rechten Religion in falscher Weise anhängen, z.B. im Sinne eines Fundamentalismus. Es geht auch um eine Theologie, in der Studierende und Lehrende sich von erkannten Wahrheiten nicht ergreifen lassen. Hier manifestiert sich Gelerntes und Gelehrtes nur in erweitertem Wissen und der Erfolg nur in Benotungen und Veröffentli- chungen. Der Wert wird im Wissen und nicht im Erfahrenen gesehen. Die Zen-Tradition setzt den Akzent auf die Erfahrung. Aber auch das ge- währt keine Sicherheit. Defizite und Irritationen zeigen sich auch hier. Erfahrungen, die in eine größere Freiheit führen, können missbraucht werden. Ohne meisterliche Begleitung auf dem Weg ist die Gefahr groß, sich von eigenen Vor- stellungen und Wünschen täuschen zu lassen. 3. Blindheit vor der Erleuchtung. Diese Men- schen haben den rechten Glauben, mühen sich und üben in rechter Weise. Sie sind sich ihrer Blindheit bewusst und streben danach, mit den Augen des Herzens, mit dem Wesensauge zu sehen. Aber auch in größtem Einsatz bleibt ein Ungenügen: „Nicht als ob ich es schon erreicht in der alles überstrahlenden Gotteserkenntnis blind geworden sind für alles Sichtbare. Es ist das Sehen mit dem Auge der Wesensnatur: „Er erleuchte die Augen eures Herzens.“ 6 „Dich überlichtet schon, dem Du versinkst.“ 7 Alles Sichtbare wird gegenüber dem Licht der unendlichen Wirklichkeit wie ein Nichts: „Daher habe ich alles für Nichts erachtet, um Christus zu gewinnen und in ihm zu sein.“ 8 So „überlichtet“ sagt der hl. Vinzenz Pallotti: „Er, Gott, ist in mir, lebt in mir und wirkt in mir, so dass ich mich in allem und immer betrachten muss, als hätte ich nie existiert, noch existie- re ich, noch würde ich existieren. Und so bin ich wie zum reinen Nichts gekommen. Gott ist alles, tut alles, wirkt alles in mir.“ 9 In dieser Blindheit werden die einzelnen Dinge wahrge- nommen, aber immer im Glanz der unendli- chen Wirklichkeit. Auch wenn hier, wie sich an den Zitaten zeigt, die Sprache nicht mehr geeignet ist, das eigent- lich Gemeinte wiederzugeben, so mag doch die zen-buddhistische Einteilung der fünf Weisen von Blindheit hilfreich sein: 1. Die gewöhnliche Blindheit. Gemeint ist nicht das Fehlen der Sehkraft. Auch leiblich erblinde- te Menschen können zum höchsten Grade der Erleuchtung kommen. Gemeint ist jene Blind-
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