Amoris laetitia. Das Evangelium von der Familie

11. Symposion des Kardinal Walter Kasper Institutes

„Ehe und Familie sind nicht nur ein Thema der Katholiken, sondern es ist ein Menschenthema“, sagte Prof. P. Dr. George Augustin SAC, Direktor des Institutes, in seiner Begrüßungsrede am Freitagabend. „Das Gelingen von Ehe und Familie ist nicht Selbstverständnis, sondern es braucht Orientierung. Das Thema ist viel umfassender und kostbarer, als es oftmals diskutiert wird.“ Von der christlichen Botschaft her gelte es, Räume zu schaffen, um Wege zu finden. „Wie können wir das als Zeugnis für die Welt vorlegen?“, fragte er und führte somit in den sich anschließenden Eröffnungsvortrag „Amoris laetitia – Das Evangelium von der Familie“ von Kardinal Walter Kasper ein.

„In dem Schreiben geht es um die Zukunft der Menschheit – die Familie gilt als Abbild der Kirche; die Familie ist der Weg der Kirche“, sagte Kardinal Kasper zusammenfassend. Er erklärte zunächst, dass kaum ein solches Werk so viel diskutiert wurde, insbesondere das Kapitel 8, in dem es um die „zerbrechlichen Situationen“ geht. Dies sei aber nicht die elementare Frage von Amoris laetitia. Vielmehr sei es Ziel des Schreibens, Wege zum Gelingen von Ehe und Familie zu finden. Dabei helfe die Kirche. Weiterhin erläuterte er: „Man kann das Kapitel 8 nur in Zusammenhang mit den vorausgegangenen Kapiteln verstehen.“

Kardinal Walter Kasper Institut
Kardinal Walter Kasper (Foto Timo Michael Kessler)

„Ehe und Familie“ sind kein Auslaufmodell

Laut Umfragen vor der Synode wurde deutlich, dass erstens Ehe und Familie das Lebens- und Glücksprojekt der allermeisten Menschen sei und damit eine tiefe menschliche Sehnsucht bzw. kein Auslaufmodell und dass zweitens eine Kluft herrsche zwischen Lehre und Wirklichkeit. Kardinal Kasper machte auf die kontroversen Debatten sowie die Selbstkritik aufmerksam, die in Amoris laetitia eingegangen sind. „Wer Amoris laetitia kritisiert, der kritisiert nicht nur den Papst, sondern alle, die an der Synode beteiligt waren. Aber lieber eine diskutierende Kirche, als eine tote Kirche“, sagte Kardinal Kasper. „Wir alle sind aus der Synode anders rausgegangen, als wir reingegangen sind.“

„Kirche muss den Weg der Erneuerung ständig gehen“

„Neben dem synchronen (heutigen) Dialog müssen wir uns auch dem diachronen (traditionellen) Dialog stellen“, sagte Kardinal Kasper. Denn die Kirche müsse den Weg der Erneuerung ständig gehen. „Die Tradition ist kein stehendes Gewässer, sondern ein sprudelnder Quell.“ Ehe und Familie solle als Weg – als Weg der Liebe, Lebensweg, Wachstum und Reife – verstanden werden, Pastoral dementsprechend als Wegbegleitung. „Der Papst geht dabei nicht von einem abstrakten Idealbild der Ehe aus“, erklärte Kardinal Kasper. Bereits Johannes Paul II. habe bei der Ehe vom Gesetz der Gradualität gesprochen. „Man kann das Gesetz nur in Schritten erreichen“, sagte Kardinal Kasper. „Es ist aber kein fernes, unerreichbares Ziel. Es ist vielmehr ein Reisegefährte auf dem Weg.“

Laut Papst Franziskus ist die Ehe kein Fertigprodukt, vielmehr werden die Eheleute zu Protagonisten eines Produktes, welches sie selbst gestalten. Es gibt nach der Eheschließung auch Krisen – die Kirche muss dann da sein. Dabei gehe es nicht um eine Situationsethik, sondern um die Verwirklichung der christlichen Pastoral. Das Verständnis von Ehe und Familie lehne sich an das Zweite Vatikanische Konzil an: Ehe als Bund, ein Bund, der auch eingegliedert ist in die Heilgeschichte. Ehe und Familie sind in der Schöpfungsgeschichte begründet, daher könne man sie nicht neu erfinden. Ehe und Familie seien ein Ort der Beheimatung, wo Menschen Heimat suchen. „Amoris laetitia ist das Abbild der dreifaltigen Liebe Gottes – erst in diesem Zusammenhang wird die Unauflöslichkeit der Ehe verständlich“, erklärte Kardinal Kasper. „Was von Gott verbunden ist, das darf nicht getrennt werden. Es soll nicht als Joch, sondern als Geschenk gesehen werden.“ Mit dem Treueversprechen verspreche Gott die Treue, „auch wenn wir untreu sind“. Dies sei besonders wichtig in einer heutigen Zeit des Provisorischen. „Zeugnis geben heute nicht die Kirchen, sondern die Familien“, verdeutlichte Kardinal Kasper, bevor er zum Abschluss seines Vortrages kam.

Auf die Frage: „Was kann die Kirche im Falle des Scheiterns der Ehe sagen und tun?“, antwortete Kardinal Kasper: Darauf gibt es kein Patentrezept, denn 1. lässt der Papst keinen Zweifel daran, dass es auch außerhalb der eigentlichen Ehe eheähnliche Elemente gibt; 2. gilt es, Situationen zu unterscheiden, vor allem das objektive Verbot und die subjektive Schuldhaftigkeit. Entscheidend sei das persönliche Gewissen. 3. Allgemeine Gesetze sind ihrem Wesen nach unvollständig, deshalb kann man nicht eine allgemeine Norm auf alle Situationen anwenden. Man müsse stets den Einzelfall in der konkreten Situation betrachten. Es gelte, das Gesetz mit Barmherzigkeit anzuwenden. „Der Papst legt Prämissen zur Lösung der Fragen, zeigt einen möglichen Weg, aber keine allgemeine Regel auf.“ Abschließend sagte Kardinal Kasper: „Wir alle sind aufgerufen etwas, das über unsere Grenzen geht, gemeinsam zu lösen. Verzweifeln wir nicht an unserer Begrenztheit.“

Das 11. Symposion des Kardinal Walter Kasper Instituts an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) fand vom 19. bis 21.05.2017 statt. Rund 120 Gäste sind dazu in die Aula der PTHV gekommen. Mit namhaften Referenten, darunter auch Teilnehmern der Weltbischofssynoden, hat das das Institut über das Thema „Amoris laetitia. Das Evangelium von der Familie“ reflektiert.

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